Datenschützer zum Schredder-Skandal: Keine Pflicht zur Aktenvernichtung

Nach der Vernichtung von NSU-Akten beim Verfassungsschutz kritisiert Bundesdatenschützer Schaar „erschreckende Wissenslücken“. Datenschutzrechtlich nötig sei das nicht gewesen.

Kann den Verfassungsschutz nicht verstehen: Der Bundesdatenschutzbeauftragte Schaar. Bild: dapd

HAMBURG afp | Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat das Bundesamt für Verfassungsschutz wegen der Vernichtung von Akten im Zusammenhang mit der Neonazi-Mordserie gerügt. „Es gibt keinerlei gesetzliche Prüffristen für Akten. Die Aussage, auch vom Verfassungsschutz, diese Akten hätten aus datenschutzrechtlichen Gründen vernichtet werden müssen, sind für mich völlig unverständlich“, sagte Schaar der Financial Times Deutschland. Es gebe nur die Vorschrift zur Sperrung von Akten, keine „Aktenvernichtungsverpflichtung“.

Es gebe einen Datenschutzbeauftragten mit Mitarbeitern beim Bundesamt für Verfassungsschutz, sagte Schaar weiter. Dessen Aufgabe sei nicht nur der Datenschutz, sondern auch, dass Daten verfügbar seien. „Seine entscheidende Aufgabe ist, dass die Strukturen der Datenhaltung ordentlich sind – da gibt es offensichtlich Mängel“, kritisierte Schaar. Auch bei der Schulung der Mitarbeiter gebe es offenbar „erschreckende Wissenslücken“.

Ende Juni war bekannt geworden, dass Akten mit Informationen über thüringische Rechtsextremisten im November 2011 beim Bundesamt für Verfassungsschutz kurz nach der Aufdeckung der Mordserie der Terror-Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) vernichtet worden waren.

Als möglicher Grund für die Aktenvernichtung waren gesetzliche Fristen genannt worden. Wegen neuer Erkenntnisse zur Aktenvernichtung will der Untersuchungsausschuss des Bundestags am Donnerstag zu einer Sondersitzung zusammenkommen.

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