Voecklers Siege bei der Tour de France: Der Bergkönig ist ein alter Mann

Thomas Voeckler gewinnt auch die zweite schwere Gebirgsetappe der Tour, aber der 33-Jährige ist nicht unumstritten. Ein Experte sagt, der Radsport sei „auch mit Doping einfach schön“.

Ein werbefreier Ausschnitt des Veteranen Thomas Voeckler. Bild: dapd

BAGNÈRES-DE-LUCHON taz | Der neue Bergkönig der Tour de France heißt Thomas Voeckler. Der französische Radprofi ließ am Mittwoch seinem Sieg auf der 10. Etappe in den Alpen auch einen in den Pyrenäen folgen. Er triumphierte beim Ritt über die sogenannte „Runde des Todes“ nicht nur – er zermalmte förmlich seine Konkurrenz. Auf allen vier Gipfeln räumte er die Bergpunkte ab und sicherte sich so das gepunktete Trikot.

In früheren Radsportzeiten hatte es zu einer solchen Performance mindestens zweier Kelme-Profis (das war der Hausrennstall des Dopingarztes Eufemiano Fuentes) oder eines Michael Rasmussen (der Däne fiel mehrfach wegen experimentellem Dopings auf) bedurft.

Jetzt schafft so etwas ein Voeckler allein. „Im Alter von Christus ist Voeckler zu biblischen Leistungen fähig“, spottete der einstige Festina-Trainer und jetzige Dopingkritiker Antoine Vayer in der französischen Presse. Er staunt, dass sein 33-jähriger Landsmann von Jahr zu Jahr besser wird.

Voeckler war sich seiner historischen Leistung durchaus bewusst. „Das ist so eine solche Sache, die ich als Junge im Fernsehen sah. Jetzt war ich derjenige, der so etwas zustande brachte“, meinte er am Mittwochabend. Im französischen Fernsehen wurde seine Leistung gefeiert, im Presseraum der Tour war die Begeisterung eher verhalten. Der letzte Franzose, dem vergleichbare Dinge gelangen, war Dopingsünder Richard Virenque.

Voeckler kennt jeden Zentimeter

Voeckler schwächte zwar ab: „Ich war der Stärkste in der Ausreißergruppe, nicht im gesamten Peloton.“ Er erklärte auch, viel in der Region trainiert zu haben und jeden der 197 Kilometer in- und auswendig zu kennen. Weil über seinem Rennstall Europcar aber der Schatten einer Dopingermittlung der Pariser Staatsanwaltschaft schwebt. bleiben die Zweifel erhalten.

Beim zweiten Ruhetag der Tour 2011 sollen die Teamärzte verbotene Infusionen zur besseren Regeneration eingesetzt haben, vermutet Richterin Dominique Pérard laut Informationen der L’Équipe. Die Richterin hat daher Ermittlungen eingeleitet. Für Tourchef Christian Prudhomme war dies kein Grund, besondere Vorsicht bei der Einladung des Teams walten zu lassen. „Es sind nur Vorermittlungen“, sagte er der taz.

Antoine Vayer, einer der wenigen offenen Kritiker Voecklers in Frankreich, wies auf den Umstand hin, dass sowohl die letztjährigen Superperformances des kleinen Volkshelden unmittelbar nach einem Ruhetag gelangen als auch die beiden in diesem Jahr. Verblüffend ist ebenfalls, wie ein mit Knieproblemen in die Tour gegangener Profi auf gleich beiden Königsetappen triumphieren kann. Der Lazarus scheint sein eigener Christus zu sein.

Taktischen Finessen und Spektakel

Vayer gab in seiner Kolumne der Tageszeitung Le Monde folgenden Rat: „Glaubwürdig sind die Leistungen dieser Profis trotz mancher Erklärungsansätze nicht. Man muss sein Vergnügen aus anderer Quelle speisen, etwa aus taktischen Finessen und dem Spektakel an sich. Ein Freund hat mir einst gesagt: ’Radsport, selbst wenn mit Doping, ist einfach schön.‘ Er hat zweifellos recht.“

Das ist mit Sicherheit eine professionelle Einstellung, die das Vergnügen mit dem Wissen und den Zweifeln in eine Balance bringt. Es ist allerdings eine prekäre Balance. Alles fällt, wenn das Gewicht der Moral noch ins Spiel kommt. Diesen Luxus leistet sich das Frankreich des Thomas Voeckler genauso wenig wie einst das Deutschland des Jan Ullrich oder das Amerika des Lance Armstrong.

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