Sauberes Gold: Mühsam ist das Sieben

Der Hamburger Goldschmied Jan Spille will kein Gold verarbeiten, das von Kindern oder ausgebeuteten Arbeitern gewonnen wurde.

Kinderarbeit Goldschöpfen: junges Mädchen in Burkina Faso Bild: dpa

HAMBURG taz | Auf dem Werktisch von Jan Spille in Hamburg sieht es aus wie beim Zahnarzt. Unzählige kleine Bohrer und Polieraufsätze warten da auf ihren Einsatz. Daneben sind auch reihenweise Feilen, Zangen und Hämmer zu sehen, mit denen der Goldschmied seine Schmuckstücke in Form bringt. Trauringe stellt Jan Spille vor allem her, und dabei kommt ihm nicht jedes x-beliebige Gold unter den Hammer, sondern nur Edelmetall aus fairer Produktion.

Faires Gold? „Ja, das gibt es“, erklärt Spille, der 2004 anfing, sich nach Gold aus anderen Quellen umzuschauen. Gold, bei dem nicht giftiges Quecksilber und Zyanide en gros eingesetzt werden, das nicht von Kindern gefördert und bearbeitet wird und bei dessen Abbau die Arbeiter nicht ausgebeutet werden.

„Ich beziehe mein Gold von kleinen Genossenschaften aus Argentinien und Kolumbien. Die sieben das Gold ganz traditionell aus dem Sand kleiner und größerer Flüsse“, erklärt Spille. Davon hat sich der 36-jährige im Januar selbst überzeugt. Da hat er – gemeinsam mit dem deutschen Geologen Thomas Siepelmeyer – mehrere Dörfer im Norden Argentiniens besucht.

Siepelmeyer vertreibt seit über zehn Jahren das „Premium Eco Gold“ und berät die Genossenschaft. Derzeit geht es darum, deren Gold als fair gehandeltes Produkt zertifizieren zu lassen. Das geschieht bislang selten, aber da bereits in England und den Niederlanden Gold aus fairer Produktion gehandelt wird, will man jetzt in Deutschland nachziehen. „Für 2013 ist der Start des neuen Labels anvisiert“, sagt Transfair-Produktmanagerin Mariska Przyklenk. In diesem Kontext sollen die Goldwäscher von Ecoandina dann zertifiziert werden.

Für Jan Spille ist das eine frohe Botschaft. Er will wissen, woher das Material kommt, das auf seinem Werktisch in der Hamburger Marktstraße landet. Der steht in der Schmuck-Galerie IIWII, die Spille gemeinsam mit drei Kollegen im dortigen Karolinenviertel betreibt. Dort landen die Goldkörner aus Argentinien und Kolumbien auf dem Arbeitstisch, und für Spille hat die Argentinien-Reise wichtige Erkenntnisse gebracht: Nun weiß er, wie es sich anfühlt, mit dem Sieb im kalten Flusswasser zu stehen, und wie lange es dauert, bis irgendwann ein paar kleine Goldkörner übrig bleiben.

Genau die werden dann in Spilles Trauring-Manufaktur eingeschmolzen und in die Form gegossen. Erst gestern Abend sind zwei Rohlinge entstanden, die heute gefeilt, geschmiedet und poliert werden. Ein Paar aus Aachen hat sie bestellt. Rund dreißig Prozent der Kunden kommen von außerhalb. Auch aus Zürich sind schon Bestellungen eingegangen. Denn Goldschmiede, die nur fair gehandeltes Gold verarbeiten, gibt es wenige, in Deutschland ist Hamburg der führende Standort.

Die Zahl der Paare, die beim Brautring keine faulen Kompromisse machen wollen, nimmt dagegen zu. „Der Trauring ist ein sehr emotionaler Gegenstand“, weiß Spille, der regelmäßig unterwegs ist, Vorträge hält, auf Messen ausstellt und sich für das faire Goldlabel engagiert.

Mit dessen Einführung könnte auch die Arbeit für Spille und seine Kollegen leichter werden. „Wenn erst eine Scheideanstalt gefunden ist, die fair gehandeltes Gold anbietet, dann wird es bald auch Golddraht, Goldblech und so fort geben. Dann müssen wir nicht mehr alles selbst herstellen“, sagt Spille.

Er selbst ist schon früh auf das faire Gold gekommen. „Schon während meiner Wanderjahre habe ich mich mit der Frage der Materialbeschaffung befasst und früh nach Alternativen gesucht“, erzählt er. Nach der Ausbildung war er drei Jahre auf Wanderschaft, hat Goldschmieden in Barcelona, Norwegen, der Schweiz und München auf die Finger geschaut und in Äthiopien gesehen, unter welchen Bedingungen Gold gefördert wird. So wurde die alternative Materialbeschaffung ein Thema für ihn, und schon 2004, bevor er die eigene Manufaktur eröffnete, hat Spille mit Gold aus alternativen Quellen gearbeitet.

Wie er dann auf den Münsteraner Geologen Thomas Siepelmeyer gekommen ist, weiß er nicht mehr genau, aber faires Gold bezieht er seit sieben Jahren von ihm. Außerdem von der Genossenschaft Oro Verde aus Kolumbien, die – ähnlich wie Ecoandina – ohne Chemikalien Gold wäscht. Spilles dritte Quelle ist Altgold. Das bringen ihm die Kunden, damit er neuen Schmuck daraus macht. Nicht nur Trauringe, aber oft: „Bei den Trauringen greifen die Deutschen meist auf Gold zurück, und immer öfter soll es fair sein“, freut sich Spille. Spricht’s und feilt den Ring schön fein.

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