Ratingagentur sieht Deutschland „negativ“: Moody's Prophezeihungen

Die Ratingagentur Moody's senkt für drei europäische Länder den Ausblick auf „negativ“, darunter auch Deutschland. Das Berliner Finanzministerium fühlt sich ungerecht behandelt.

Krisengebeutelt: der Euro. Bild: dpa

LONDON/BERLIN dapd/dpa | Die Ratingagentur Moody's gibt der Kreditwürdigkeit Deutschlands weiterhin die Bestnote AAA, hat den Ausblick allerdings auf negativ gesenkt. Ebenso erging es inmitten der Krise in der Eurozone den Niederlanden und Luxemburg, wie Moody's am Montag in London mitteilte. Besser erging es Finnland: Es behielt sein AAA-Rating und einen stabilen Ausblick.

Moody's begründete in seiner Pressemitteilung den negativen Ausblick für Deutschland, die Niederlande und Luxemburg mit dem „Ausmaß der Ungewissheit über den Ausblick für den Euroraum“. Die möglichen Auswirkungen plausibler Szenarien über Mitgliedstaaten rechtfertigten nicht mehr einen stabilen Ausblick. So wäre nach Moody's Einschätzung ein griechischer Austritt aus dem Euro „eine materielle Bedrohung für den Euro“.

Trotz einer starken Reaktion der Eurostaaten würde damit eine „Kettenreaktion von Schocks im Finanzsektor und ein Liquiditätsdruck auf Staaten und Banken“ in Gang kommen, die von der Politik nur zu einem sehr hohen Preis eingedämmt werden könnten. Zudem reagierten die EU-Staaten nur auf die Krise, was zu keinem stabilen Ergebnis führen werde. Das Risiko werde von der Schuldenlast Spaniens und Italiens und deren immer teurer werdenden Finanzierung erhöht.

In Deutschland sei zudem der Bankensektor anfällig, sollte sich die Schuldenkrise in Europa verschärfen, schrieb Moody's. Die deutschen Banken seien geschäftlich besonders mit Spanien und Italien verbunden, was das Risiko vergrößere. Das Rating für die deutsche Bad Bank FMS Wertmanagement wurde ebenfalls von stabil auf negativ gesenkt. Das AAA-Rating der Anstalt wurde jedoch bestätigt.

Eine Herabstufung droht Deutschland, sollte das Bankensystem gestützt werden müssen und damit die Staatsverschuldung steigen, erklärte Moody's weiter. Gleiches gelte, wenn ein Land die europäische Währungsunion verlasse, was mit hohen Kosten für Deutschland verbunden wäre. Und auch wenn die Kosten für die Refinanzierung stark ansteigen würden, könnten Deutschland seine Topbewertung verlieren.

Musterschüler Finnland

Zu Finnland erklärte Moody's, das Land betreibe eine konservative Haushaltspolitik und habe stets die Maastricht-Kriterien eingehalten. Das finnische Bankensystem sei gesund und hauptsächlich auf das Inland ausgerichtet. Finnland verkaufte zudem nur einen relativ kleinen Teil seiner Exporte in den Euroraum, was die Anfälligkeit für Turbulenzen dort reduziere.

Das Bundesfinanzministerium in Berlin erklärte, zunächst einmal habe Moody's das höchst Rating für Deutschland basierend auf den anerkannten Stärken der deutschen Wirtschaft und Politik bestätigt. Die Senkung des Ausblicks auf „negativ“ mit Hinweis auf die „bekannten Risiken aus der europäischen Schuldenkrise“ nehme es als „Meinung von Moody's“ zur Kenntnis.

Längerfristige Stabilisierungsaussichten blieben aber unerwähnt. „Die Eurozone hat eine ganze Reihe von Maßnahmen auf den Weg gebracht, die zu einer nachhaltigen Stabilisierung der Eurozone führen werden“, betonte das Ministerium. Die Bundesrepublik werde durch solide Wirtschafts- und Finanzpolitik ihren Status eines sicheren Hafens wahren „und seine Ankerrolle in der Eurozone weiterhin verantwortungsvoll ausüben“.

Finanzmärkte vertrauen auf Deutschland

Deutschland erwarte ab 2014 einen ausgeglichenen Staatshaushalt. Die Kapitalisierung des Bankensektors habe sich deutlich verbessert. „Die Aussichten für das Wirtschaftswachstum in Deutschland sind solide. (...) Auch an den internationalen Finanzmärkten ist das Vertrauen in Deutschland hoch; dies spiegelt sich in den niedrigen Refinanzierungskosten deutscher Anleihen wider.“

Angesichts der von neuen spanischen Hiobsbotschaften ausgelösten Turbulenzen an den Finanzmärkten hatten Spanien und Italien zuvor ein Leerverkäufe-Verbot verhängt. Dies sei angesichts der Volatilität an den europäischen Märkten beschlossen worden und solle für drei Monate gelten, teilte die spanische Börsenaufsicht am Montag mit. In Italien untersagte die Börsenaufsicht Leerverkäufe von Aktien, nachdem der Leitindex FTSE-MIB an der Mailänder Börse am Morgen vorübergehend um mehr als fünf Prozent abgestürzt war. Das Verbot soll eine Woche gelten.

Der Handel mit Aktien einiger Banken und Finanzgruppen wurde nach starken Verlusten vorübergehend ausgesetzt. Grund für den Einbruch war die Furcht vor einer weiteren Verschärfung der Schuldenkrise in Europa. Investoren befürchten, dass auch Spanien unter den internationalen Rettungsschirm schlüpfen muss. Für eine Hilfe an Italien wäre dann nicht mehr ausreichend Geld vorhanden.

In Spanien jagte zum Wochenauftakt eine schlechte Nachricht die nächste: Die Wirtschaft schrumpfte im zweiten Quartal weiter - um 0,4 Prozent. Der Risikoaufschlag für zehnjährige Anleihen stieg auf ein kritisches Niveau. Und nach Valencia will nun offenbar auch die Region Murcia um finanziellen Beistand der Zentralregierung bitten.

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