Oberverwaltungsgericht entscheidet: Freie Schulen verboten

Alternativschulen haben in Bremen weiter keine Chance. Doch während die einen gegen ein entsprechendes Urteil klagen, überlegen die anderen noch.

Lesen und schreiben lernen auf einer neuen Alternativschule? Die SPD-Bildungssenatorin ist strikt dagegen. Bild: dpa

Auf ganzer Linie vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) gescheitert sind jetzt zwei Versuche, in Bremen eine Alternativschule zu gründen. Klar abgelehnt wurde nicht nur der reformpädagogische Ansatz der Initiative „Freie Schule Bremen“ (Aktenzeichen 2 A 267/10). Auch das Konzept des Humanistischen Verbandes Bremen (HVB) für eine weltanschauliche Bekenntnisschule scheiterte (Aktenzeichen 2 A 271/10).

Beide hatten in erster Instanz vor dem Verwaltungsgericht noch obsiegt – und beiden hat das OVG nun sogar die Revision verwehrt. Damit folgte das Gericht den Anträgen der Bildungsbehörde. Senatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) kämpft seit Jahren mit allen Mitteln gegen die verschiedenen Versuche, neue Privatschulen in Bremen zu etablieren.

Die Freie Schule hat gegen das Urteil jedoch bereits Beschwerde eingelegt – und will weiter klagen, vor dem Bundesverwaltungsgericht. Der HVB prüft dagegen noch, wie er weiter vorgeht. Antragsstellerin Katharina Krebs sprach von einem „politischen Urteil“ und nannte dessen Begründung „absurd“. Nach der Verhandlung habe sie die Entscheidung aber „nicht mehr überrascht“. In Bayern und in Berlin gibt es humanistische Schulen mit ähnlichem Konzept.

„Das Urteil kann so nicht stehen bleiben“, sagte Sven Golchert, Vorstand des Vereins Freie Schule Bremen e.V. In 15 anderen Bundesländern seien vergleichbare Konzept genehmigt worden. Dass das in Bremen bislang nicht möglich sei, bezeichnet Golchert als „unhaltbaren Zustand“. Er spricht von einem „Desaster“ für die Bremer Bildungspolitik.

Bis 2007 existierte am Körnerwall im Viertel 14 Jahre lang eine nicht genehmigte Grundschule, von der weite Bevölkerungsteile wussten.

Sowohl AktivistInnen der "Freien" als auch der "Humanistischen" Schule haben dort bereits Erfahrungen gesammelt. Aber auch die staatliche "Kinderschule" in Hastedt, die der Bildungsbehörde stets als Argumentationshilfe gegen neue Alternativschulen diente, hat ihre Wurzeln am Körnerwall.

Das OVG sprach der Freien Schule das „besondere pädagogische Interesse“ ab – also die Voraussetzung für die Genehmigung. So sei die „Überschaubarkeit“ kein „Alleinstellungsmerkmal“, sagt das Gericht – weil es in den Stadtteilen Strom und Seehausen ebenfalls kleine Grundschulen gebe. Die Freie Schule soll maximal 45 Kinder aufnehmen. Das Gericht beruft sich bei seinem Urteil maßgeblich auf den von ihm beauftragten Erziehungswissenschaftler.

Aus der Sicht der RichterInnen ist die Genehmigung – in beiden Fällen – „schon aus formellen Gründen“ ausgeschlossen. Beide Konzepte sehen eine sechsjährige Grundschule vor – die aber ist in Bremen vierjährig. Und Reformprojekte, bei denen das anders war, brach die staatliche Bildungspolitik schon 2009 wieder ab.

Auch private Schulen müssten sich in die „vorhandene Grundstruktur“ des Landes „einfügen“, sagen die RichterInnen. Die Elterninitiativen aber wollten die „Freizügigkeit“ der SchülerInnen „erheblich“ einschränken, so das Urteil. Ihnen würden spätere Wahlmöglichkeiten zwischen verschiedenen weiterführenden Schulen genommen. Und das stehe einer Genehmigung in beiden Fällen „zwingend“ entgegen.

Der HVB würde sein Konzept „ohne Problem“ auch in einer vierjährigen Grundschule umsetzen können, sagt Krebs. Ihr Antrag datiert von 2008 – und damals gab es die sechsjährige Grundschule in Bremen noch, zumindest als Modellversuch. Auch die Freie Schule – sie beantragte schon 2007 ihre Genehmigung – sei „auf jeden Fall“ ebenso als vierjährige Schule umsetzbar, sagt Golchert.

Doch die RichterInnen argumentieren auch inhaltlich eindeutig gegen die Alternativschulen. So wird der Humanismus vom OVG zwar als „Weltanschauung“ anerkannt – die SPD-geführte Bildungsbehörde hatte das zunächst bestritten. Jedoch sei die geplante Schule „nicht hinreichend weltanschaulich geprägt“.

Das Konzept unterscheide sich „in zentralen Aussagen“ nicht von den Aufgaben und Zielen der staatlichen Grundschule. Es sei „nicht erkennbar“, worin der profilbildende weltanschauliche Charakter bestehen solle. „Eine staatliche Schule darf gar keine humanistische Schule sein“, sagt Krebs dazu.

Golchert geht nun davon aus, dass die Freie Schule Bremen frühestens ins zwei oder drei Jahren eröffnet werden kann. Aufgeben will seine Initiative aber auch nach dieser Niederlage nicht.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.