Kommentar Linkspartei: Rot-rot-grünes Traumschiff

Die Koalitionsstrategien Katja Kippings haben kaum eine Chance. Dass sie sie äußert kann aber nur gut sein und zur Verbesserung des politischen Klimas beitragen.

In der letzten Szene des Film „Die Atlantikschwimmer“ steht Herbert Achternbusch am Meeresufer und wartet auf ein Schiff, das nicht kommen wird. Dann sagt er: „Du hast keine Chance, aber nutze sie!“, und schwimmt los. So ähnlich geht es mit dem politischen Traumschiff der Linksliberalen, Rot-Rot-Grün. Dieses Schiff soll mal, nach Wahlen in Hessen, Thüringen und im Saarland, irgendwo am Horizont gesichtet worden sein. Aber ob es existiert oder schwimmtauglich wäre, ist fraglich.

Rot-Rot-Grün ist 2012 machtpolitisch tot. Die Grünen wollen mit linken Underdogs, die nach billigem Rasierwasser riechen, lieber nichts zu tun haben. Die SPD hat mit ihrer harten Abgrenzungsstrategie gegen die Linkspartei Erfolg. Im Westen hat sie die Linkspartei isoliert, im Osten hat die SPD durchgesetzt, dass es rot-rote Regierungen nur unter ihrer Führung gibt.

So gibt sich nicht nur der rechte Flügel der SPD derzeit der Illusion hin, dass man die lästige Konkurrenz zum Verschwinden bringen kann. Das ist ziemlich kurzsichtig. Aber solange die SPD glaubt, dass sie die Linkspartei vernichten kann, wird sie nicht mit ihr koalieren. Und solange in der Linkspartei viele bei jedem netten Wort Richtung SPD Verrat wittern, bleibt Rot-Rot-Grün sowieso eine Illusion.

Bringt es da was, wenn die neue Linkspartei-Chefin Katja Kipping über rot-rot-grüne Farbenspiele fabuliert? Doch, durchaus. Erfreulich ist, dass Kipping die Feindseligkeiten einstellen will. Denn nichts ist ermüdender, als zu hören, wie Oskar Lafontaine über die SPD herfällt oder Thomas Oppermann über die Linkspartei. Verbale Abrüstung ist der allererste Schritt, um die endlose Selbstlähmung der Linken zu lockern.

Zudem ist es klug, wenn die Linkspartei sagt, wann sie Rot-Grün unterstützen würde. Bislang waren solche Ankündigungen nur Agitprop, der zeigen sollte, wie doof und opportunistisch die SPD ist. Bei Kipping klingt das nun zumindest anders. Nein, Rot-Rot-Grün hat keine Chance. Aber man sollte sie nutzen.

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Stefan Reinecke arbeitet im Parlamentsbüro der taz mit den Schwerpunkten SPD und Linkspartei.

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