„Wir sind Kirche“ über neuen Papst: „Das Papstamt ist unmenschlich“

Martha Heizer von der Reformbewegung „Wir sind Kirche“ hofft auf eine Öffnung der Kirche – und auf ein Ende des luxuriösen Lebensstils im Vatikan.

Außen gold, innen bescheiden: Bisher fuhr Papst Franziskus I. mit Bus und Fahrrad zur Arbeit. Bild: dpa

taz: Frau Heizer, welche Note geben Sie dem neuen Papst?

Eine Drei. Vielleicht Drei plus.

Was erwarten Sie?

Martha Heizer: Mehr Glaubwürdigkeit für unsere Kirche. Theologisch kommen wir vielleicht nicht groß voran. Für Frauen und Homosexuelle ist möglicherweise gar nichts zu erwarten. Trotzdem hoffen wir, dass sein Name Programm ist.

Was heißt das?

Franziskus steht in der Kirchengeschichte einerseits für das radikal einfache Leben. Als ich den Namen gehört habe, dachte ich zuerst: Darf der das? Einen Heiligen als Namenspatron wählen, den es als Papst noch nie gab? Also nicht irgendeinen V., VI., VII. Franziskus steht erstens für Armut und einen brutal einfachen Lebensstil. Den hat der neue Papst offensichtlich. Er wohnt in einer Zweizimmerwohnung und fährt mit Bus und Fahrrad zur Arbeit. Das spricht sehr für ihn. Auch wie er als erste Amtshandlung die Römer mit einem einfachen „buona sera“ begrüßt hat. Dann gibt es die Legende vom heiligen Franziskus, der von Jesus den Auftrag bekommt, die Kirche wiederaufzubauen. Wenn er das im Auge hat, dass die Kirche kein Haus voll Glorie ist, sondern nach all diesen wahnsinnigen Verlusten von Glaubwürdigkeit wiederaufgebaut werden muss, dann ist das großartig.

65, ist Mitglied der internationalen Reformbewegung „Wir sind Kirche“ und Initiatorin des „Kirchenvolksbegehrens“, das 1995 in Österreich startete.

Wie soll er dies erfüllen?

Das Papstamt ist grundsätzlich unmenschlich, eine strukturelle Überforderung jedes Menschen. Da kann man nur scheitern. Wenn er delegieren kann, viel kommunikativer arbeitet, auch mit den Reformgruppen spricht: Dann kann das vorangehen.

Was fordern Sie?

Frohbotschaft statt Drohbotschaft: Aufbau einer geschwisterlichen Kirche, gleiche Rechte für Frauen, positive Sexualmoral, Schluss mit dem Zwangszölibat.

Diese Themen haben für einen Argentinier mit Blick auf die Armen der Welt vielleicht nicht erste Priorität.

Mag sein. Andererseits gibt uns das vielleicht mehr Spielraum, wenn der neue Papst nicht sein ganzes Augenmerk auf Europa richtet. Ob er es schafft, die Kurie zu reformieren, das wissen wir nicht. Auch bei den innerkirchlichen Reformfragen wissen wir nicht, wie er agieren wird. Aber auf Öffnung zur Welt, Abbau des Eurozentrismus und Hinwendung zu den Armen können wir hoffen. Und auf ein Ende des luxuriösen Lebensstils im Vatikan.

Das klingt sehr hoffnungsvoll.

Ja, das hätten wir nie gedacht, als wir nach Rom kamen. Offensichtlich tut die heilige Geistin doch etwas. Bisher hatte sie ja Mittagsschlaf. Meine Hoffnung auf Reformen in der Kirche sind nicht groß. Aber die Hoffnung, dass die Kirche an Glaubwürdigkeit zurückgewinnt, die sind gewachsen. Das ist eine sehr sehr vorsichtige Freude.

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