Protestaktion der Malediven: Kabinett tagt unter Wasser

Die Malediven unterzeichnen ein Dokument zur Verringerung des CO2-Ausstoßes. Und demonstrieren dabei, dass ihnen das Wasser bald über dem Kopf stehen könnte.

Kabinettssitzung mit Greenpeace-Charme: Regierung der Malediven unter Wasser. Bild: presseabteilung regierung der malediven/dpa

Gäbe es einen Preis für die ungewöhnlichste Kabinettssitzung, die je eine Regierung abgehalten hat, er ginge mit großer Wahrscheinlichkeit an die Malediven: Dort tagte am Samstag die Regierung von Präsident Mohammed Nasheed in Taucheranzügen in fünf Metern Tiefe.

Die Minister gingen vor einer Insel rund 20 Minuten von der Hauptstadt Male unter Wasser und setzen sich an einen halbrunden Tisch. Während der Sitzung, die eine halbe Stunde dauerte, verständigten sie sich mit Handzeichen und Tafeln. Dabei unterzeichnet sie ein Dokument, in dem sie zur weltweiten Verringerung des CO2-Ausstoßes aufrufen. Mit der Aktion wollten die Minister auf die prekäre Lage hinweisen, in denen sich die Malediven aufgrund des Klimawandels befinden.

Präsident Nasheed sagte, die UN-Klimakonferenz in Kopenhagen im Dezember dürfe auf keinen Fall scheitern. Auf die Frage, was geschähe, wenn die Konferenz dennoch zu keinem Ergebnis käme, antwortete er: "Wir werden sterben! Wir versuchen, unsere Botschaft auszusenden", fügte er hinzu. "Lassen sie die Welt wissen, was mit den Malediven geschehen wird, wenn der Klimawandel nicht unter Kontrolle gebracht wird."

Alle bis auf drei der 14 Minister nahmen an dem Treffen teil. Die Übrigen durften aus medizinischen Gründen nicht an der Tauchsitzung teilnehmen oder befanden sich im Ausland. Das Treffen wurde von Tauchlehrern begleitet.

Es ist nicht das erste Mal, dass Nasheed, der seit einem Jahr im Amt ist, versucht, durch ungewöhnliche Erklärungen und Aktionen auf das drohende Schicksal seines Landes hinzuweisen. Im März dieses Jahres kündigte er an, die Malediven sollten innerhalb von zehn Jahren das erste Land mit einer neutralen CO2-Bilanz sein. Hierfür möchte Nasheed massiv in erneuerbare Energien wie Solartechnik und Windkraft investieren. Außerdem sollen die Malediven im Ausland CO2-Zertifikate kaufen und zerstören, um einen Ausgleich für die vielen Urlaubsflüge zu schaffen.

Bereits vor seiner Vereidigung vor einem Jahr hatte Nasheed erklärt, sein Land werde einen Teil des Erlöses aus dem Tourismus zur Seite legen und in einem anderen Staat Land kaufen. Falls irgendwann alle anderen Maßnahmen scheitern, die den Anstieg des Meeresspiegels stoppen sollen, könnten die Malediver umgesiedelt werden. "Es ist unsere Versicherung für die schlimmstmöglichen Auswirkungen", sagte Nasheed damals.

Bereits jetzt sind Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel auf den Maleviden Realität. So bietet etwa eine drei Meter hohe Mauer der Hauptstadt Male Schutz vor Unwetter. Doch auch sie wird langfristig die steigenden Wassermassen nicht aufhalten können.

Die Malediven sind erst seit der Wahl Nasheeds vor einem Jahr auf dem Weg zu einer wirklichen Demokratie. Sein Vorgänger Maumoon Gayoom hatte das Land zuvor 30 Jahre lang diktatorisch regiert. Freie Meinungsäußerung und eine echte Opposition waren lange verboten. Auch Nasheed, der jetzige Präsident, hatte mehrere Jahre in Haft verbracht.

Zu dem Wechsel haben jahrelange Proteste beigetragen. 2003 war es zu einer regelrechten Volkserhebung gegen den heute 72-jährigen Gayoom gekommen. Ein Jahr später ließ er hunderte Gegner in Gefängnissen verschwinden. Erst nach weiteren Protesten und Druck aus dem Ausland ließ Gayoom 2005 Oppositionsparteien zu. Seitdem haben sich fünf Parteien gebildet, jedoch hielten sich viele ihrer Anführer bis zur Wahl Nasheeds vor einem Jahr im Ausland auf, da ihnen wegen ihrer Arbeit erhebliche Haftstrafen drohen.

Problematisch ist jedoch immer noch die Frage der Religionsfreiheit. Das Bekenntnis zum sunnitischen Islam ist die Voraussetzung für den Erhalt der Staatsbürgerschaft. Die Organisation Open Doors führt die Malediven in ihrem "Weltverfolgungsindex", der das Ausmaß an Verfolgung gegen Christen messen soll, auf dem vierten Platz: gleich nach Nordkorea, Saudi-Arabien und Iran.

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