Georg Kolbe Museum in Berlin: Das Schwere ganz leicht

Nach Sanierung und Erweiterung eröffnet das Museum mit einer Ausstellung zu Rodins Hanako-Zyklus. Die Renovierung hat das Haus verwandelt.

Rodin-Büste

Jetzt im Kolbe Museum zu sehen: Rodins Büsten Foto: Enric Duch

Von „Bewegung“, „fließenden Formen“ und „filigranen Figuren“ spricht Brygida Ochaim, die Kuratorin der neuen Ausstellung „Rodin und Hanako“ im Georg Kolbe Museum. Aber passt das zusammen im Museum an der Sensburger Allee, wo sonst schwere Skulpturen und Plastiken fest am Boden stehen?

Tatsächlich, es passt. Feenhaft leicht und tänzerisch geht es zu zwischen Kolbes Bronzefrauen und -männern. 50 Porträts der japanischen Geisha, Tänzerin und Schauspielerin Öta Hisa (1868 bis 1945) präsentiert das Museum zu seiner Wiedereröffnung. Öta Hisa tourte nach der Jahrhundertwende unter dem Künstlernamen „Madame Hanako“ durch Europa und inspirierte in Paris den französischen Bildhauer Auguste Rodin (1840 bis 1917) zu diesem Zyklus von Plastiken, Grafiken und Studien.

Das wilde Leben

Rodins Büsten, Köpfe und Masken in Bronze, Gips und Terrakotta widerspiegeln ganz die avantgardistische Handschrift des Künstlers, der hier die Rollen, die Mimik und das wilde Leben der japanischen Ausdruckstänzerin mal expressiv und mimisch, mal zerbrechlich und voller Körperlichkeit nachformte. Die Skizzen und Zeichnungen erzählen dagegen in hauchfeinen Strichen und Linien von der Bewegung, dem Tanz und Spiel der Choreografin und Schauspielerin, die damals in Skandinavien, Russland, Deutschland und besonders in Frankreich gastierte. Zwischen 1907 und 1914 saß die Künstlerin immer wieder Modell in Rodins Atelier.

Es ist ein kulturtransformatorischer Kunstgriff zwischen der leichten, exotischen Welt des asiatischen Theaters und der scheinbar schweren Welt der europäischen Bildhauerei, der dem Georg Kolbe Museum nach neun Monaten Schließung, Renovierung und Umbau zur Eröffnung gelungen ist.

Kolbes einstiges Atelier nahe dem Olympiastadion, in dem sich das Museum sowie das Depot mit mehr als 2.000 Werken des Künstlers (1877 bis 1947) und von Zeitgenossen der klassischen Moderne befinden, strahlt nach der Sanierung selbst etwas von einer neuen Leichtigkeit und Frische aus. Das Gebäude einerseits und drinnen Kolbes großes Vorbild Rodin mit seinen 50 Hanakos andererseits verschmelzen zu einem Konzept. „Die Intimität der Porträts passt besonders gut zu dem Charakter des Künstlerhauses und seiner Ausstellungsräume“, findet Julia Wallner, die Direktorin des Museums.

Da große Teile des zweigeschossigen kubischen Ate­lier­gebäudes von 1929 marode waren, wie Wallner erinnert, wurde der Museumsbau nicht nur denkmalgerecht instand gesetzt, sondern erneuert und erweitert „Die Zuwendungen der Lottostiftung von 1,2 Mil­lionen Euro ermöglichten, das Museum in seiner heutigen Form für die Zukunft auszurichten.“

Es sollte zur Mission der Kulturpolitik gehören, gerade Orte wie diesen zu bewahren, die solche Schätze ausstellen

1950 eröffnete das Georg Kolbe Museum als erstes Museum nach dem Krieg in Westberlin seine Pforten. Seither sind im Park und in den einstigen Atelierräumen die Büsten und Plastiken, Kolbes grafische Blätter, Bestände und Nachlässe ausgestellt.

Bis 18. September 2016 täglich „Auguste Rodin und Madame Hanako“. Gezeigt werden auch zahlreiche Fotografien der Künstlerin. (rola)

Weitere Infos unter: www.georg-kolbe-museum.de

Die Klinker geschrubbt

Mit der Renovierung wurde der Architekt Winfried Brenne beauftragt. Brenne ließ die braun-gelb-roten Klinker an der Fassade reinigen. Aber nicht nur der dunkle schwere Ton des Backsteinhauses gehört der Vergangenheit an. Auch die Innenräume sind renoviert worden. Die Decken und Wände wurden weiß, blau und taubengrau gestrichen. Kern des Museums bleibt der weite, hohe, frühere Atelierraum, in dem Kolbe an seinen großen Figuren arbeitete. Entscheidend für eine gute Ausstellungsatmosphäre dort ist jetzt aber, dass die blinden Oberlichter und Fenster ausgetauscht wurden, sagt Wallner. „Jetzt haben wir wirklich gutes Licht.“

Weil die Heizungstechnik, Sanitärräume und Treppen­anlagen verlegt wurden, konnten weitere Flächen gewonnen werden, wie Nikolaus Hausser, Mitarbeiter des Museums, erläutert. Hinzu kamen als Ausstellungsraum der einstige „Tonraum“ und das Esszimmer Kolbes, das den Museumsshop beherbergt. Rund 120 Quadratmeter seien zu den bestehenden 400 Quadratmeter Fläche hinzugekommen, freuten sich Wallner und Hausser bei der Eröffnung am Donnerstag. Zu Recht: Das Georg Kolbe Museum in der Idylle in Westend ist ein schmuckes Schatzkästchen für Sammlungen und Arbeiten moderner Bildhauer geworden.

Hart um Geld gekämpft

Das Haus gehörte nicht zu den bekannteren Baustellen in der Berliner Museumslandschaft. Für viel mehr Ablenkung sorgen die Umbauten auf der Museumsinsel, der Neubau des Humboldtforums am Schlossplatz, die Sanierung der Neuen Natio­nalgalerie und nicht zuletzt die Probleme bei den Schließungen der Museen Dahlem.

In deren Schatten musste das Kolbe Museum jahrelang um die Mittel für die Renovierung kämpfen. Für André Schmitz, früherer Kulturstaatssekretär und heute Vorsitzender der Kolbe-Stiftung, war die Sanierung des Museums aber nur der Anfang, das Ensemble insgesamt zu erneuern: „Die Instandsetzung des Ateliergebäudes ist ein erster Schritt. Das Wohngebäude, das in einem ähnlich prekären Zustand ist, muss per­spektivisch ebenfalls umfassend saniert werden.“

Es sollte zur Mission der Kulturpolitik gehören, gerade Orte zu bewahren, die solche Schätze wie die von der „kleinen Geisha“ (so ein Flimplakat Hanakos von 1913) ausstellen. Das Georg Kolbe Museum, ein Ensemble aus dem Atelierhaus, dem neuen Ausstellungsflügel aus den 1990er Jahren sowie Kolbes Wohnhaus, zählt zu den bedeutendsten unter den kleineren Museen in der Stadt. Über seinen Standort hinaus hat sich ein wahrer Skulpturenpark ins Charlottenburger Westend ausgedehnt.

Während im Museum und im Museumsgarten mit rund 200 Skulpturen Kolbes moderner und fast abstrakter Stil der 1920er Jahre vorherrscht, markieren die Figuren in nahen Georg-Kolbe-Hain – die Große Liegende (1939/41) oder der Stürzende (1942) – dessen monumentale und problematische Zeit als Künstler. Das ist Kunst- und Stadtgeschichte par excellence.

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