Trump-Plan der Bundesregierung: Erst abwarten, dann draufhauen

Hat die Regierung einen Plan für die „Ära“ Trump? Ein Berater Merkels deutet eine Strategie an: abwarten, protzen, Deals, Do-it-yourself und mehr.

Wachsfiguren von Trump und Merkel

Hier noch aus Wachs, bald treffen sie persönlich aufeinander: Trump und Merkel Foto: reuters

BERLIN taz | Christoph Heusgen ist einer der wichtigsten Berater der Kanzlerin. Seit Angela Merkels Amtsantritt leitet der 61-Jährige die Abteilung Außenpolitik im Kanzleramt. Mit öffentlichen Auftritten hält sich Heusgen normalerweise zurück, zwei Tage vor Donald Trumps Amtseinführung sprach er aber auf einer Veranstaltung der Unionsfraktion über die „Zukunft der transatlantischen Beziehungen“. Wer ihm im Bundestag genau zuhörte, erfuhr einen Fünf-Punkte-Plan des Kanzleramts für die Ära Trump.

1. Abwarten:

Das Kanzleramt will nichts überstürzen, sondern erst mal schauen, was Trump im Weißen Haus überhaupt anstellt. Heusgen spricht von „Strategic Pa­tience“ – strategischer Geduld. „Dafür sind wir nicht bekannt im politischen Deutschland, aber das ist wirklich gefragt.“ Etwas anderes bleibt der Bundesregierung auch gar nicht übrig: Seit der US-Wahl reisten deutsche Spitzenbeamte zwar mehrmals zu Gesprächen mit Trumps Beratern in die USA. Die außenpolitischen Pläne der neuen Administration bleiben aber weiterhin unklar. Heusgen sagt, bei einigen Gesprächspartnern „war das Verständnis über gewisse Hintergründe der EU nicht überausgeprägt“. Laut Außenministerium wisse man auch nach den Treffen nicht genau, was Trump „mit sich und der Welt anfangen will“.

2. Protzen:

Bei aller Ungewissheit: Sicher ist zumindest, dass Trump von den Europäern höhere Militärausgaben einfordern wird. Die Nato-Staaten haben sich schon vor Jahren verpflichtet, mindestens 2 Prozent des jeweiligen Bruttoinlandsprodukts in die Verteidigung zu stecken. Bislang verfehlen aber 23 von 28 Nato-Ländern dieses Ziel, darunter Deutschland. Dennoch sagt Heusgen: „Wir brauchen unseren Beitrag nicht unter den Scheffel stellen, sondern können selbstbewusst auftreten.“ Das Kanzleramt will Trump unter die Nase reiben, was die Bundesrepublik in letzter Zeit so alles auf den Weg gebracht habe: deutsche Truppen in Litauen, deutsche Schiffe in der Ägäis, deutsche Hubschrauber in Mali, Polizeimissionen in aller Welt. Tremendous!

3. Deals:

Das Kanzleramt will eine Sprache sprechen, die der Geschäftsmann Trump versteht. „Wenn der Präsident ein Dealmaker ist, kann man ihm vielleicht auch nahebringen, dass die Ukrainekrise verursacht wurde, weil ein Deal nicht eingehalten wurde“, sagt Heusgen. Er meint das Budapester Memorandum von 1994. Im Abkommen verpflichtete sich die Ukraine, auf Atomwaffen zu verzichten, wenn Russland im Gegenzug die ukrai­nischen Grenzen achtet.

4. Do it yourself:

Und wenn sich Trump trotz allem guten Zureden aus der Nato zurückzieht? Heusgen sagt, „wenn die USA entscheidet, dass sie bei einem Nato-Einsatz nicht mitmacht“, müsse die EU einspringen können. Die Bundesregierung drängt schon seit Monaten auf eine stärkere militärische Zusammenarbeit innerhalb Europas. Sie fordert zum Beispiel ein eigenes militärisches Hauptquartier, aus der die Europäischen Union ihre Militäreinsätze zentral steuern könnte. In der Vergangenheit sperrte sich Großbritannien gegen entsprechende Pläne, mit dem Brexit wird sich das aber erübrigen.

5. Draufhauen:

Irgendwann hat auch die „Strategic Patience“ ein Ende. Während des US-Wahlkampfs nannte Außenminister Steinmeier den Kandidaten Trump einen „Hassprediger“, Kanzlerin Merkel verzichtete dagegen auf eine Bewertung. Ihr Berater Heusgen kündigt jetzt aber an: „Wenn Schritte erfolgen, die gegen deutsches Interesse sind“, werde seine Chefin das „entsprechend kommentieren“. Na dann: Die Gelegenheit wird sich schon noch ergeben.

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