Puten sind „Qualzuchten“

betr.: „Hochgepäppelt und hochsensibel“, taz vom 7. 2. 09

Puten sind als Lieferanten jederzeit verfügbarer Massenware überhaupt nicht geeignet, wenn man das Tierschutzgesetz ernst nimmt. Die heute verwendeten hochgezüchteten Rassen, die viermal so schnell wachsen müssen, als von der Natur vorgesehen, mit einem überdimensionalen Brustmuskel, der die Tiere nach vorne zieht, sind nämlich nach dem Buchstaben des Gesetzes „Qualzuchten“. Es dürfte die elf Millionen Puten in Deutschland also gar nicht geben – wenn es nur möglich wäre, über ein Verbandsklagerecht die Einhaltung bestehender Gesetze einzufordern.

Das Skelett-Wachstum kann mit der rasanten Muskelzunahme nicht mithalten, sodass sich schon nach wenigen Wochen die Beinknochen und -gelenke verformen. Arthritis und Arthrose sind zum Verzweifeln schmerzhaft, wie jeder Betroffene weiß. Das erklärt, warum die Tiere schließlich meistens sitzen. Es muss erwähnt werden, dass Puten in der konventionellen, üblichen Putenmast noch unvergleichlich schlimmer leiden als Bio-Puten, da die Besatzdichte mindestens 45 (weiblich), 58 (männlich) kg pro m[2]beträgt. Sie verbringen ihr kurzes Leben dicht gedrängt ausschließlich in einer stickigen, düsteren Halle, auf zunehmend verkotetem Boden. Fußentzündungen („normal“ 75 %) sind daher programmiert.

KARIN ULICH, Sigmarszell