Unterstützerkreis des Neonazi-Trios: Der Deckname als Passwort

Ein führender Kameradschaftsnazi nutzte den Decknamen von Beate Zschäpe als Passwort in diversen Neonaziforen. Ist das wirklich Zufall, oder wusste er mehr?

Die Wahl des Passworts - nur Zufall? Bild: knallgrün / photocase.com

Das Netzwerk der Unterstützer von der Neonazi-Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) ist immer noch schwer zu überblicken. Vor knapp einem Monat flog das NSU-Trio Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe auf. Bisher wurden ihnen zehn Morde und vierzehn Banküberfälle zugeschrieben.

Die Vermutungen, dass weitere Kader des früheren Netzwerks "Thüringer Heimatschutz" (THS) dem Trio halfen, verdichten sich jedoch. "Die Hinweise aus mehreren Neonaziforen bestätigen, dass mindestens ein weiterer THS-Kader zum Umfeld des NSU gehörte", sagt Kerstin Köditz, Linke-Landtagsabgeordnete aus Sachsen. Dieser könnte Thomas Gerlach, Neonazikader aus dem thüringischen Meuselwitz, sein.

Gehackte Daten von Neonaziforen, die der taz zugespielt wurden, belegen eine mögliche Verbindung. Bei "HatecoreTK" nutzte Gerlach ein Passwort, das aufmerken lässt: "s...-mandy" (Anm.: Das Passwort verwendet den vollen Namen. Nachname von Redaktion anonymisiert.). Diesen Namen verwendete Zschäpe als Decknamen im Untergrund.

Das Trio gehörte wie Gerlach in den 1990er Jahren zum THS, der rund 170 Kameraden vor allem in Ostthüringen verband. Den Ausweis von S., die selbst in der rechtsextremen Szene organisiert war, konnte Zschäpe im Untergrund nutzen. Die Bundesanwaltschaft prüft derzeit, welche Verbindungen zwischen Mandy S. und dem Terrortrio bestand.

Die gehackten Daten, die Köditz einsehen konnte, belegen, dass Gerlach mit seinem Nutzernamen "Ace" zudem auch beim internen Forum "M-G-K" (Mitteldeutscher Gesprächskreis) das gleiche Passwort verwendete. Das Forum diente auch der NPD Thüringen als Plattform. Der langjährige NPD-Funktionsträger Ralf Wohlleben verantwortete sie. Seit letzter Woche sitzt Wohlleben, der ebenfalls beim THS war, in Haft. Die Bundesanwaltschaft verdächtigt ihn, dem Trio eine Waffe und Munition zukommen gelassen zu haben.

Ein neues Netzwerk - ähnlich wie der THS

"Die Namensverwendung und die Verbindungen können kein Zufall sein", sagt Köditz. Einen weiteren früheren THS-Aktivisten, André Kapke, vernahmen die Ermittler unlängst – als Zeugen, nicht als Beschuldigten. "Noch nicht" scherzt Kapke im Interview mit der neu-rechten Jungen Freiheit. In Jena war er mit Wohlleben und dem Trio in der örtlichen THS-Sektion.

Offen sagt er in der aktuellen Ausgabe der Jungen Freiheit: "Es gab die Vereinbarung, wenn jemand etwas machen will, das strafrechtliche Konsequenzen haben könnte, dann sollte er sich gut überlegen, wen er einweiht" und "sicher haben wir uns damals immer mehr radikalisiert".

Im "Freien Netz", einem länderübergreifenden Kameradschaftszusammenschluss sind heute Wohlleben, Kapke und Gerlach führende Kader. Die drei organisierten 2009 das Rechtsrock-Festival "Fest der Völker". Der Aufbau des "Netzes" ist dem THS entlehnt, lokale Kameradschaften, die eng miteinander verbunden sind.

In einem internen Forum mit dem Codenamen "Hard to Hate", das der taz vorliegt, besprechen die zentralen Kader Strategien und Aktionen. Gerlach führt dort zum "politischen Gegner" aus: "Sollen sie uns doch angreifen, wenn sie wollen! Wir greifen sie doch auch an, wenn wir können", schreibt Gerlach, der bereits wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt ist. Die vermehrten Hinweise, dass Kader des THS Unterstützer des Nazi-Trios waren, lassen erneut Fragen aufkommen – an den Verfassungsschutz: Den THS führte Tino Brand, 2001 flog er als V-Mann auf.

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Hier erfährst du mehr

Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

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