Streit der Woche: „Muss man Sportschützen entwaffnen?“

Die Schützensaison ist in vollem Gange. Gleichzeitig schockiert die Nachricht von einem 14-jährigen Schüler, der um sich schießt. Kritiker warnen: Das Waffenrecht ist zu lasch.

Revolver der Marke Smith and Wesson, Kaliber 44 Magnum. Bild: ap

Gerade hat sie wieder begonnen, die Zeit der Schützenfeste: Bundesweit ist das Volksfest eine der größten Feiern des Jahres. Während die Sportschützen in geschütztem Rahmen mit Gewehren, Pistolen und Pfeil und Bogen auf Scheiben oder Tontauben um die Wette schießen, fordern Waffengegner eine Verschärfung des Waffengesetzes.

Die Sportschützen wehren sich. Jürgen Kohlheim, Vize-Präsident des Deutschen Schützenbundes, meint, kein Mensch ziehe mit einer Sportpistole in den Krieg. Außerdem gebe aus ausreichend Sicherheitsvorkehrungen: „Die Sportschützen werden alle überprüft.“ Viel höher sei die Gefahr durch illegale Waffen.

Erfurt, Winnenden, Emsdetten, Lörrach: In den letzten Jahren kam es in Deutschland gehäuft zu Amokläufen mit Sportwaffen. Der letzte Vorfall vor einer Woche in Memmingen ist glimpflich verlaufen: Der 14-jährige Schüler schoss mit einer großkalibrigen Beretta um sich, tötete jedoch niemanden.

Schlechte Datenlage

Während die Amokläufe von Winnenden, Emsdetten und Lörrach eine Diskussion um verschärfte Gesetze zur Aufbewahrung von Sportwaffen nach sich zogen, wirft der neueste Vorfall in Memmingen weitere Fragen auf: Der Vater des 14-Jährigen hatte die Waffe ordnungsgemäß verschlossen aufbewahrt. Doch der Sohn knackte den Waffenschrank. Sollte es komplett verboten werden, Waffen privat aufzubewahren?

Dem Bundeskriminalamt liegen zum Besitz legaler Waffen keine Zahlen vor. Das für 2012 geplante zentrale Waffenregister existiert noch nicht. Auch zur Dunkelziffer möchte das BKA keine Angaben machen. Seit Jahren geistert die Zahl 20 Millionen durch die Medien.

Das Waffengesetz regelt, wer einen Waffenschein haben darf und wo die Waffen gelagert werden. Laut Paragraf 8 des Waffengesetzes ist der Nachweis eines Bedürfnisses erbracht, „wenn gegenüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung: 1. besonders anzuerkennende persönliche oder wirtschaftliche Interessen, vor allem als Jäger, Sportschütze, Brauchtumsschütze, Waffen- oder Munitionssammler, Waffen- oder Munitionssachverständiger, gefährdete Person, als Waffenhersteller oder -händler oder als Bewachungsunternehmer, und 2. die Geeignetheit und Erforderlichkeit der Waffen oder Munition für den beantragten Zweck glaubhaft gemacht sind.“

700 Tote jährlich

Die Gefahr, die von legalem Waffenbesitz ausgeht, lässt sich in Deutschland schwer einschätzen: Laut Polizeilicher Kriminalstatistik kam es im Jahr 2011 zu 34.464 Verstößen gegen das Waffengesetz. Innerhalb der Statistik sind die Zahlen jedoch nicht weiter unterteilt.

In den USA dagegen gibt es verlässliche Zahlen und Statistiken zur Gefahr von Waffenbesitz. Eine US-Studie des American Journal of Lifestyle Medicine im März dieses Jahres hat ergeben, dass Schusswaffen im Haus eine Gefahr darstellen. Jährlich sterben beinahe 700 Amerikaner unabsichtlich durch Schusswaffen. Meist geschehe dies zu Hause, meist seien die Opfer jünger als 25 Jahre.

Nicht nur die Studie aus den waffenaffinen USA gibt zu denken: Auch der norwegische Massenmörder Anders Behring Breivik besaß legale Waffen. Nach dem Massaker forderten auch deutsche Politiker erneut eine Verschärfung des Waffenrechts. Eine Waffensteuer und verschärfte Aufbewahrungsbestimmungen werden bereits diskutiert. Seit 2003 müssen Schützenvereine jeden Austritt bei einer kommunalen Behörde melden, die prüft, ob der Austretende ein berechtigtes Bedürfnis habe, weiterhin eine Waffe zu besitzen. Doch ist es fraglich, ob Amokläufe durch strengere Aufbewahrungbestimmungen oder eine Steuer tatsächlich verhindert werden können.

Was meinen Sie: Müssen Sportschützen entwaffnet werden?

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