Trinken und Essen: Niedersachsens Wasser ist voll scheiße

Agrar- und Umweltminister räumen ein: Wegen unkontrollierter Gülleeinfuhren und Tierindustrie können Niedersachsens Gewässer Nitrat-Grenzwert der EU nicht einhalten.

Niedersachen: Das jaucht das Landvolk und der Mais blüht auf. Bild: dpa

Immerhin, einen haben sie gestoppt, in Bremen: „Um 7 Uhr morgens“, berichtete die Polizei diesen Mittwoch, habe eine Streife „einen mit Hühnerkot beladenen niederländischen Sattelzug“ gestoppt, wegen Überlast: 50 Tonnen statt 40 Tonnen Kacke, in Bremen nimmt man so etwas genau. Der Zielort lag indes in Niedersachsen – und da spielen zehn Tonnen mehr oder weniger längst keine Rolle mehr.

Am Freitag musste der dortige Umweltminister Stefan Birkner (FDP) zugeben, dass sein Land die EU-Gewässerrichtlinien leider nicht wird einhalten können. Deren Nitratgrenzwerte sind einfach zu niedrig. Er kündigte deshalb an, einerseits über Gülleeinfuhr-Kontrollen nachdenken zu wollen, andererseits müsse man in Brüssel „eine Fristverlängerung“ beantragen. Und Agrarminister Gert Lindemann (CDU) ergänzte, dass „im Nordwesten mehr Tiere gehalten“ würden, „als für eine Verbringung der Gülle möglich“. Und trotzdem wird die Kacke munter importiert.

Folge: Die Niedersachsen trinken Wasser mit zu hoher Nitratkonzentration. Grund dafür ist die Intensivtierhaltung, in Verbindung mit dem Trend zur Mais-Monokultur: Denn der ist nitrat-unsensibel und verdeckt somit eine übermäßige Ausbringung von Salpeter.

Gefördert hat die Entwicklung die schwarz-gelbe Agrarpolitik. Und komplett aus der Kontrolle geraten ist dabei der Geflügel-Bereich. So werden laut Tierseuchenkasse rund doppelt so viele Broiler wie vom Landesamt für Statistik erfasst in Niedersachsen gemästet, 60 statt 32 Millionen pro sechswöchigem Durchgang. Das bedeutet eine nicht erfasste Verdopplung des Exkret-Volumens.

Über die Lösungswege herrscht keine Einigkeit: Der Forderung nach einem Gülle-Kataster hatte Lindemann vergangene Woche eine Absage erteilt: Sie sei ein bürokratisches Monstrum, behauptete er. Und während Grünen-Agrarpolitiker Christian Meyer am Freitag eine „Anpassung der Tierzahlen“ anregte, schlug Landvolk-Vize Heinz Korte vor, die Subventionen zu erhöhen: „Die Politik sollte die Regionen nicht in ihrer Entwicklung abwürgen“, so Korte. Man stehe „vor großen Herausforderungen und Kosten“.  

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