Konflikt Thailand-Kambodscha: Eine weitere Eskalation ist möglich
Der militärisch ausgetragene Konflikt an der Grenze zwischen Thailand und Kambodscha verschärft sich – eine friedliche Lösung ist nicht in Sicht.

D er militärisch eskalierte Konflikt über den Grenzverlauf zwischen den beiden südostasiatischen Königreichen hat etwas Kindisches. Denn der seit Jahrzehnten schwelende Streit ist Thema geduldiger Diplomatie und von Urteilen des Internationalen Gerichtshofs. Die Einsicht ist verbreitet, dass beide Länder von guter Nachbarschaft viel mehr als haben als von militärischen Scharmützeln – oder gar Krieg. Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, warum der Konflikt immer wieder eskaliert, außer bestimmte Kräfte versprechen sich davon Vorteile.
Dies ist innenpolitisch auf beiden Seiten zu sehen. Die Ex-Premiers Thaksin Shinawartra (Thailand) und Hun Sen (Kambodscha), die eng befreundet waren und deren Kinder ihre Politik fortsetzen, sind in erbitterten Streit geraten. Als Hun Sen ein vertrauliches Gespräch mit Thaksins Tochter, die zu der Zeit Premierministerin war, öffentlich machte, muss dies für den Thaksin-Clan eine persönliche Kriegserklärung gewesen sein.
Der genaue Grund für Hun Sens Schritt ist nicht klar. Er könnte mit Thailands Casinoplänen zu tun haben wie auch mit dem Vorgehen gegen Verantwortliche für die von Kambodscha aus agierenden Betrugszentren. Beides berührt wirtschaftliche Interessen von Hun Sens Machtapparat. Umgekehrt führte das veröffentlichte Telefonat zur Amtsenthebung von Thaksins Tochter. Hun Sen behauptet jetzt auch noch, Thaksin hätte sich ihm gegenüber beleidigend über Thailands König geäußert und eine Krankheit, die Thaksin strafrechtliche Milde verschaffte, vorgetäuscht. Beide Machtzentren haben also Gründe, hart aufzutreten.

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Thailand ist militärisch wie wirtschaftlich Kambodscha überlegen, aber anders als das diktatorisch geführte Nachbarland politisch tief gespalten. In Thailand glaubt kein politisches Lager, sich Nachgiebigkeit leisten zu können – was auch für Kambodschas Diktatur gilt. Solange die Hoffnung überwiegt, militärisch die Grenze zum eigenen Vorteil ändern zu können, dürften die Scharmützel weitergehen. Ein gesichtswahrender Ausweg ist nicht in Sicht, aber das Risiko weiterer Eskalation.
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