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+++ Nachrichten aus Nahost +++WHO berichtet von Angriffen auf Anlage in Gaza

Israels Militär stürmt laut Weltgesundheitsorganisation unter anderem deren Lagerhäuser. Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus verurteilt das Vorgehen scharf.

Zerstörung im Morgenlicht: ein Blick von israelischer Seite auf den Gazastreifen Foto: Amir Cohen/reuters

Israel greift WHO-Anlage im Gazastreifen an

Bei seinem Vorrücken im Gazastreifen hat Israels Armee nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) Lagerhäuser und andere Einrichtungen der Organisation gestürmt. „Das Militär drang in die Einrichtungen ein und zwang Frauen und Kinder (der WHO-Mitarbeiter) dazu, zu Fuß inmitten von Kampfhandlungen nach Al-Mawasi zu fliehen“, schrieb WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus auf der Plattform X.

Männliche WHO-Mitarbeiter und männliche Angehörige seien bei dem Vorfall in Deir al-Balah im mittleren Gazastreifen in Handschellen gelegt, durchsucht und mit vorgehaltener Waffe verhört worden. Zwei Mitarbeiter und zwei Angehörige seien festgenommen, drei von ihnen wieder freigelassen worden. Einer von ihnen befinde sich weiter in israelischer Haft. Die WHO verlangt seine Freilassung.

In Deir al-Balah befindet sich auch das zentrale Warenlager der WHO für den Gazastreifen. Dieses sei bereits am Sonntag beschädigt worden – infolge eines Angriffs habe es Explosionen und einen Brand gegeben, schrieb der WHO-Chef. Auch die anderen Lager befänden sich in der von Israel definierten Kampfzone und seien deshalb nicht mehr in Betrieb. „Dies schränkt unsere Fähigkeit ein, in Gaza tätig zu sein, und bringt das Gesundheitswesen in Gaza dem Zusammenbruch näher“, schrieb er. Eine Waffenruhe sei nicht nur notwendig, sondern überfällig, fügte er hinzu.

Israels Armee äußerte sich zunächst nicht zu den Vorfällen. (dpa)

Zwölf Tote nahe Gaza-Stadt

Bei Feuer aus israelischen Panzern sind nach Angaben der Gesundheitsbehörden im Gazastreifen mindestens zwölf Palästinenser in einem Zeltlager im Westen von Gaza-Stadt getötet worden. Dutzende andere weitere Menschen werden verletzt. Sanitäter melden, dass Panzer nördlich des Schati-Lagers zwei Granaten auf Zelte abgefeuert hätten, in denen Vertriebene untergebracht waren. Dies habe zu den Opfern geführt. Die israelische Armee nimmt zunächst nicht Stellung zu dem Vorfall. (rtr)

🐾 Gaza-Tagebuch: „Das Meer wirkt düster und trüb“

Unsere Autorin Seham Tantesh liebt das Meer – auch weil es sie an ihren getöteten Vater erinnert. Nun hat Israels Militär den Menschen in Gaza das Baden darin verboten, schreibt sie in einem neuen Tagebuch aus dem Gazastreifen.

Brief: „Krieg in Gaza muss beendet werden“

Die Außenminister von mehr als zwei Dutzend Ländern fordern in einer gemeinsamen Erklärung ein sofortiges Ende des Krieges im Gazastreifen und kritisieren zugleich Israels Umgang mit der humanitären Hilfe für das abgeriegelte Gebiet. „Der Krieg in Gaza muss jetzt beendet werden“, heißt es in dem Text. „Weiteres Blutvergießen dient keinem Zweck.“ Die weiter in Gaza festgehaltenen Geiseln müssten sofort freigelassen werden. Das israelische Außenministerium wies die Erklärung als „ohne Bezug zur Wirklichkeit“ zurück.

Die Erklärung würde ein „falsches Signal“ an die islamistische Hamas senden, hieß es. Die Terrororganisation habe den Krieg begonnen und sei „allein“ dafür verantwortlich, dass es trotz laufender Gespräche noch zu keiner Waffenruhe und Geiselfreilassung gekommen sei, hieß es seitens des Außenministeriums.

Unterzeichnet wurde die Erklärung von zunächst 25 Ländern, unter anderem Italien, Frankreich, Österreich, das Vereinigte Königreich, Belgien und Kanada sowie von der EU-Kommissarin für Gleichstellung und Krisenmanagement. In einer Mitteilung der britischen Regierung sind nun zusätzlich Griechenland, Zypern und Malta aufgeführt. Deutschland gehört nicht zu den Unterzeichnern. (dpa)

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6 Kommentare

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  • Die WHO ist seit zwei Jahren ständiges Ziel israelischer Attacken in Gaza. Ich bin nur noch entsetzt und zutiefst resigniert darüber, dass sich die Politik in Deutschland offenbar fest vorgenommen hat, Kriegsverbrechen im Falle Israels zu dulden und sie sogar weiterhin mit Lieferungen von Rüstungsgütern zu unterstützen. Hinzu kommt, das deutsche Medien überwiegend nicht Willens sind, endlich eine klare Sprache angesichts der Verbrechen Israels zu finden. Es ist inzwischen nur zu offensichtlich, dass Deutschland die falschen Schlüsse aus seiner historischen Schuld gezogen und aus seiner Geschichte nicht wirklich viel gelernt hat. Für die Verbrechen an Zehntausenden von Menschen, die von der deutschen Regierung kritisch begleitet durchgewunken werden, ohne dass sich im Land mit historischer Verantwortung für vergangene Völkermorde, breiterer Widerstand regt, wird man sich noch lange schämen und irgendwann vielleicht auch verantworten müssen.

  • Was wir in Gaza sehen ist Völkermord im Sinne der Völkermordkonvention.

    Das muss endlich klar ausgesprochen werden und es müssen die notwendigen Konsequenzen daraus gezogen werden wie mindestens ein Boykott sämtlicher Rüstungsgüter und Dual-Use-Güter und Strafverfolgung von (Mit)Tätern (§6 VStGB "Völkermrod") die nach Deutschland kommen.

    Und nein -- Völkermord klar zu benennen ist kein "Antisimitismus".

    Zitat des isralisch-Amerikanischen "Holoukaust-Forschers" (1) Omer Bartov NYTimes 2025 (übersetzt):

    "Ich bin Völkermordforscher – und ich erkenne ihn, wenn ich ihn sehe



    ...



    Meine unausweichliche Schlussfolgerung ist: Israel verübt einen Völkermord am palästinensischen Volk. Da ich in einem zionistischen Elternhaus aufgewachsen bin, die erste Hälfte meines Lebens in Israel gelebt, als Soldat und Offizier in der israelischen Armee gedient und den Großteil meiner wissenschaftlichen Laufbahn mit der Erforschung von Kriegsverbrechen und dem Holocaust verbracht habe, war diese Erkenntnis für mich äußerst schmerzhaft – und ich habe sie so lange wie möglich hinausgezögert."

    (1) Omer Bartov ist Professor für Holocaust- und Völkermordstudien an der Brown University in Rhode Island, USA.

  • Israel hat schon so viele Mitarbeiter der WHO ermordet, daß es an ein Wunder grenzt, daß die WHO noch Mitarbeiter findet die dort aktiv sind.

    • @Alberta Cuon:

      Das ist nicht ganz richtig, meisten waren es UNRWA Mitarbeiter. In den seltenen Fällen waren es nicht lokale Mitarbeiter (wie der bulgarische staff vom WFP). Aber es bleibt eine ungeheuere Anzahl, mehr als in jedem anderen Krieg und ohne die getöteten Blauhelme (siehe auch en.m.wikipedia.org...anitarian_workers).

  • Der BRD obliegt ein allgemeiner Schutzauftrag, grundlegende Menschenrechte und der Kernnormen des humanitären Völkerrechts auch bei Sachverhalten mit Auslandsberührung zu wahren. Dieser Schutzauftrag verdichtet sich im Fall Gaza zu einer konkreten grundrechtlichen Schutzpflicht. Eine solche Schutzpflicht bezieht sich auf die Einhaltung des anwendbaren Völkerrechts zum Schutz des Lebens. Sie erfasst auch Gefährdungen, die von einem anderen Staat ausgehen. Es werden auch im Ausland lebende Menschen nicht deutscher Staatsangehörigkeit vor Gefahren, die einen hinreichenden Bezug zur deutschen Staatsgewalt haben, geschützt. Die Vasallentreue Deutschlands gegenüber Israel mittels einer pervertierten Erinnerungskultur hat den politischen, medialen, rechtlichen und moralischen Freiraum für Israels Völkerrechtsverbrechen geschaffen. Darin liegt Deutschlands massiver Beitrag. Da Israel die Regeln des humanitären Völkerrechts und/oder der internationalen Menschenrechte systematisch verletzt (allg. internationale Meinung), hat die BRD eine konkrete extraterritorialen Schutzplicht im Hinblick auf das Handeln Israel. Eine andere Rechtsauffassung ist nicht mehr vertretbar.

    • @Dr. We Franziskus:

      Die Verantwortungslinie ist sogar viel einfacher, als Sie es darstellen. InternationaleAbkommen, soweit sie von dem Bundestag ratifiziert sind, sind Bundesrecht gemäss Art. 25 GG. Man muss also garnicht erst hehre Ideale bemühen. Und es lohnt sich, dass Interview mit Schmidt und dem jüdischen Historiker Stern anzusehen, wo er über die deutsche Politik sagt: "das ist möglicherweise nicht zu Ende gedacht". youtube.com/shorts...i=NcwCca6piZba-Yxt.