+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++: Hamas spricht von Vorstoß in Gaza-Stadt
Israelische Streitkräfte sind nach Hamas-Angaben in Gaza-Stadt. Sicherheitsexperten warnen vor fatalen Folgen einer Ausweitung des Krieges.

Inhaltsverzeichnis
- Hamas: IDF-Einsatz in Gaza-Stadt
- „Nichts wird übrig bleiben“: Israel bereitet sich auf Einsatz gegen Hamas in Gaza vor
- UN: Hinweise auf sexuelle Gewalt gegen Palästinenser
- Al-Dschasira korrigiert Zahl seiner bei israelischem Angriff getöteten Mitarbeiter im Gazastreifen
- Kampfpiloten in Israel demonstrieren für Ende des Gaza-Kriegs
Hamas: IDF-Einsatz in Gaza-Stadt
Die israelische Armee führt nach Angaben eines Vertreters der islamistischen Hamas einen Militäreinsatz in der Stadt Gaza aus. Die israelischen Streitkräfte würden „aggressive“ Vorstöße in der Stadt Gaza vornehmen, sagte der Generaldirektor des Hamas-Medienbüros, Ismail Al-Thauabta, am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP. Das israelische Sicherheitskabinett hatte in der Nacht zum Freitag eine Ausweitung des Militäreinsatzes im Gazastreifen gebilligt.
Vor der geplanten Ausweitung des Gaza-Kriegs billigte der israelische Generalstabschef Ejal Zamir entsprechende Einsatzpläne. Zamir habe bei einer Besprechung „den Hauptrahmen für den Einsatzplan der israelischen Armee im Gazastreifen genehmigt“, teilte die Armee mit. An dem Treffen nahmen den Angaben zufolge der Generalstab, Vertreter des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet sowie weitere Kommandeure teil. Es werden demnach auch Vorbereitungen für die Einberufung weiterer Reservisten getroffen.
Israels neuer Kriegsplan sieht laut Ministerpräsident Benjamin Netanjahu neben der Einnahme der Stadt Gaza auch die Zerschlagung der islamistischen Hamas in den zentralen Flüchtlingslagern des Gazastreifens vor.
Zamir hatte nach Medienberichten vor großen Risiken des Plans gewarnt. Er gefährde Soldaten und die Geiseln, die in der Stadt Gaza vermutet werden. Israelische Medien berichteten von großen Spannungen zwischen Zamir und dem Verteidigungsminister Israel Katz. (dpa, afp)
„Nichts wird übrig bleiben“: Israel bereitet sich auf Einsatz gegen Hamas in Gaza vor
Der ehemalige israelische Geheimdienstvertreter Michael Milshtein warnt davor, die palästinensische Zivilbevölkerung wie bislang in sogenannte humanitäre Zonen im Süden des Gazastreifens zu treiben. „Man kann nicht eine weitere Million Menschen dorthin bringen. Das wird eine grauenhafte humanitäre Krise sein“, sagte Milshtein der Nachrichtenagentur AFP.
Nach Einschätzung des Leiters der israelischen Denkfabrik Defense and Security Forum, Amir Avivi, will die israelische Armee Zivilisten zu Umsiedlung in den Süden des Gazastreifens bewegen, indem sie dort die Verteilung von Hilfsgütern durch die von den USA und Israel unterstützte Stiftung Gaza Humanitarian Foundation (GHF) verstärkt. Die dortigen GHF-Zentren sollen Avivi zufolge von aktuell vier auf 16 ansteigen.
Sicherheitsexperte Milshtein geht davon aus, dass der bewaffnete Arm der Hamas, die Al-Kassam-Brigaden, bis zu 15.000 Kämpfer in der Stadt positioniert haben könnte. Viele seien neu rekrutiert worden. „Es ist sehr einfach, einen 17-, 18-, 19-jährigen Palästinenser zu überzeugen, ein Teil der Al-Kassam-Brigaden zu werden“, sagte Milshtein der AFP.
Neben der israelischen Armee bereite auch die Hamas sich auf die „Schlacht“ in Gaza vor. Angesichts schwieriger Bedingungen warnt die Vertreterin der Denkfabrik International Crisis Group, Mairav Zonszein, vor den Konsequenzen eines israelischen Vorgehens in Gaza. „Es ist fast unmöglich, dort einzudringen, ohne sowohl den Tod von Geiseln als auch eine große humanitäre Katastrophe zu verursachen“, sagt sie. Die materielle Zerstörung werde zudem enorm sein. „Sie werden einfach alles zerstören und dann wird nichts mehr übrig sein.“ (afp)
UN: Hinweise auf sexuelle Gewalt gegen Palästinenser
UN-Generalsekretär António Guterres zeigt sich derweil äußerst besorgt über nach seinen Angaben glaubwürdige Informationen, wonach israelische Sicherheitskräfte palästinensischen Gefangenen sexuelle Gewalt zugefügt haben sollen. Die Vorwürfe, die er in einem Brief an Israels UN-Botschafter Danny Danon äußerte, beziehen sich auf angebliche Vorfälle in mehreren Gefängnissen, einem Haftzentrum und einer Militärbasis. Danon wies die Anschuldigungen zurück.
Guterres' Brief geht der Veröffentlichung des jährlichen UN-Berichts zu sexualisierter Gewalt voraus. Er schreibt, es sei schwierig gewesen, Hinweise zu sammeln, weil den UN-Beobachtern der Zugang zu den besagten Gebäuden verweigert worden sei. „Ich fordere die israelische Regierung dringend auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die sofortige Einstellung aller Akte sexueller Gewalt sicherzustellen“, so Guterres.
Danon, der den Brief veröffentlicht hatte, kritisierte Guterres auf der Plattform X: Der UN-Generalsekretär habe sich erneut „auf unbegründete Anschuldigungen gestützt, die auf tendenziösen Veröffentlichungen basieren“. Die Vereinten Nationen sollten sich auf „die schockierenden Kriegsverbrechen der Hamas“ und die „sofortige Freilassung aller Geiseln“ konzentrieren. (dpa)
Al-Dschasira korrigiert Zahl seiner bei israelischem Angriff getöteten Mitarbeiter im Gazastreifen
Der katarische Sender Al-Dschasira hat die Zahl seiner bei einem israelischen Angriff im Gazastreifen getöteten Mitarbeiter korrigiert. In einem Bericht auf seiner englischsprachigen Website erklärte Al-Dschasira am Dienstag, dass bei dem Angriff vier seiner Journalisten getötet worden seien und nicht fünf, wie ursprünglich angegeben. Der zuvor genannte Moamen Aliwa sei vielmehr als freiberuflicher Kameramann tätig gewesen. Überdies sei ein sechster bei dem Angriff getöteter Journalist, Mohammed al-Chalidi, ebenfalls freiberuflich tätig gewesen.
Der im Golfemirat Katar ansässige Sender hatte ursprünglich berichtet, dass seine Korrespondenten Anas al-Scharif und Mohammed Kreikeh sowie die Kameraleute Ibrahim Saher, Mohammed Nufal und Moamen Aliwa bei dem israelischen Angriff am Sonntag getötet worden seien. Ein Angriff der israelischen Armee hatte demnach ein Zelt für Journalisten vor dem Haupttor des Al-Schifa-Krankenhauses in der Stadt Gaza getroffen.
Zahlreiche Nichtregierungsorganisationen sowie die UNO und die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hatten die Tötung der Journalisten verurteilt.
Israelischen Angaben zufolge handelte es sich bei al-Scharif um ein „aktives Mitglied“ der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas. Die israelische Armee teilte im Onlinedienst Telegram mit, sie habe „in der Stadt Gaza den Terroristen Anas al-Scharif getroffen, der sich als Journalist für den Sender Al-Dschasira ausgab“. Al-Scharif sei „ein Anführer einer Terrorzelle der Terrororganisation Hamas und verantwortlich für Raketenangriffe auf israelische Zivilisten und IDF-Truppen“ gewesen. Demnach stand er auf der Hamas-Gehaltsliste.
Örtlichen Journalisten im Gazastreifen zufolge hatte al-Scharif zu Beginn seiner Karriere in einem Kommunikationsbüro der Hamas gearbeitet. (afp)
Kampfpiloten in Israel demonstrieren für Ende des Gaza-Kriegs
Rund 200 ehemalige und aktive israelische Kampfpiloten haben vor dem Militärhauptquartier in Tel Aviv für ein Ende des Gaza-Kriegs und eine Vereinbarung für die Freilassung der Geiseln demonstriert. Das israelische Nachrichtenportal „ynet“ berichtete, es handele sich um pensionierte Piloten sowie Reservisten. Der ehemalige Generalstabschef Dan Chalutz rief auf der Bühne: „Genug! Beendet diesen törichten Krieg.“
Bei dem Protest wurde ein Brief der Ehefrau eines israelischen Navigators verlesen, dessen Kampfflugzeug 1986 im Libanon abgestürzt war. Ron Arad wurde damals gefangen genommen, sein Schicksal ist bis heute ungeklärt.
„Vor 39 Jahren habe ich versucht zu erklären, dass Rons Zeit abläuft“, hieß es in dem Brief von Tami Arad. „Niemand glaubte damals, dass ein lebender Gefangener einfach von der Welt verschwinden könnte. Heute wissen die Entscheidungsträger, was passieren kann – und trotzdem hat die israelische Regierung beschlossen, Gaza einzunehmen.“ (dpa)
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