+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Russland hält an Kriegszielen fest
Angriffe im Westen der Ukraine und Kämpfe an der Front. China kritisiert das EU-Sanktionspaket. Die Ukraine-Kontaktgruppe berät über Kyjiw-Hilfen.

Mindestens ein Toter in Kyjiw
Ungeachtet möglicher Verhandlungen über eine Waffenruhe hat Russland seine massiven Luftangriffe auf Kyjiw auch in der Nacht fortgesetzt. Die Militärverwaltung der ukrainischen Hauptstadt meldete mindestens einen Toten infolge der Angriffe. Mindestens zwei weitere Menschen wurden den Angaben zufolge verletzt.
Auch in der westukrainischen Stadt Iwano-Frankiwsk nahe der Grenze zu Polen gab es laut The Kyiv Independent Explosionen und Einschläge. Bei dem kombinierten Angriff mit Drohnen und ballistischen Raketen wurden dem Portal RBK Ukraine zufolge mehrere Menschen getötet und weitere verletzt. Polen und Verbündete hätten als Reaktion und zum Schutz des polnischen Luftraums Kampfjets gestartet, zitierten Medien aus einer Erklärung des Einsatzführungskommandos der polnischen Streitkräfte.
Moskau hält vor möglichen neuen Verhandlungen über eine Waffenruhe in der Ukraine weiter an seinen Kriegszielen fest. „Das Wichtigste für uns ist, unsere Ziele zu erreichen. Unsere Ziele sind klar“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow einem Reporter des russischen Staatsfernsehens am Sonntag. Gleichzeitig betonte er, dass der russische Präsident Wladimir Putin wiederholt seinen Wunsch geäußert habe, den Konflikt in der Ukraine so bald wie möglich friedlich beizulegen. „Dies ist ein langwieriger Prozess, der Anstrengungen erfordert, und es ist nicht leicht.“ (ap/dpa)
Schwere Kämpfe auch an der Front
Russische Angreifer und ukrainische Verteidiger haben sich am Sonntag erneut schwere Kämpfe entlang der Front im Osten der Ukraine geliefert. Wie der Generalstab in Kyjiw auf Facebook mitteilte, wurden von verschiedenen Abschnitten insgesamt 122 russische Angriffe gemeldet, die auch von Artillerie und der russischen Luftwaffe unterstützt wurden. Bei den Luftangriffen seien 71 gelenkte Gleitbomben auf ukrainische Stellungen abgeworfen worden. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.
Der Schwerpunkt der russischen Angriffe lag demnach einmal mehr bei Pokrowsk. Dort hätten russische Einheiten 36 Angriffe aus verschiedenen Stoßrichtungen unternommen, teilte das Militär mit.
Die Stadt Pokrowsk liegt im Westen der ostukrainischen Region Donezk an einem strategisch wichtigen Verkehrsknotenpunkt. Sie ist seit Monaten schwer umkämpft und inzwischen fast völlig zerstört. Die ukrainischen Verteidiger konnten den Vormarsch der russischen Besatzer auf die Stadt bremsen. Allerdings ist es den russischen Truppen inzwischen gelungen, im Norden und vor allem im Süden der Stadt vorzurücken, sodass der Stadt eine Einkesslung droht. (dpa)
Kyjiw greift Moskau vor Verhandlungen mit Drohnen an
Die Ukraine hat als Antwort auf den russischen Angriffskrieg Moskau mit einer bisher beispiellosen Zahl an Drohnen angegriffen. Die Flugabwehr der russischen Hauptstadt war die ganze Nacht zum Sonntag und auch tagsüber gegen die Flugobjekte im Einsatz. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj teilte nach einem Militärtreffen mit, dass die Schläge tief im russischen Hinterland intensiviert werden sollen. Damit will er den Druck erhöhen vor neuen Verhandlungen über eine Waffenruhe mit Russland, die er für diese Woche anvisiert.
Ein Datum für die Gespräche gibt es noch nicht. Istanbul solle aber wie bisher wieder Ort des Treffens sein, berichtete die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf eine nicht näher benannte Quelle aus den Verhandlungskreisen. Zuletzt hatte es Anfang Juni in Istanbul direkte Verhandlungen gegeben – allerdings ohne Aussicht auf eine von Kyjiw geforderte bedingungslose Waffenruhe. (dpa)
Schäden durch Drohnen und Probleme im Flugverkehr
Moskaus vier Hauptstadtflughäfen mussten wegen der Gefahr durch ukrainische Drohnen mehrfach ihren Betrieb unterbrechen. Im Stadtbezirk Selenograd wurden durch die Drohnenschläge zudem zahlreiche Hochhäuser beschädigt; Autos gerieten in Brand, Hunderte Scheiben gingen zu Bruch. Bewohner veröffentlichten auch Fotos ihrer verwüsteten Wohnungen, wie im Telegram-Kanal „chp_Zelenograd“ zu sehen war.
Bürgermeister Sergej Sobjanin räumte Schäden ein, sie seien aber nicht schwer – und würden beseitigt. Wie in der Nacht meldete Sobjanin auch tagsüber immer wieder den Abschuss ukrainischer Drohnen, die Kurs auf Moskau genommen hätten. Ihre Zahl stieg auf rund 30 bis zum Nachmittag – so viele wie noch nie. Die Schäden und Opfer infolge der ukrainischen Angriffe stehen in keinem Verhältnis zu den vielen Toten und Verletzten sowie schweren Zerstörungen durch die russischen Attacken. (dpa)
China droht EU vor Gipfel mit Vergeltung wegen Sanktionen
Wenige Tage vor dem Gipfeltreffen zwischen der Europäischen Union und China hat Peking Gegenmaßnahmen auf ein Sanktionspaket Brüssels angedroht. Die EU habe trotz mehrfacher Einwände chinesische Unternehmen in das 18. Sanktionspaket gegen Russland aufgenommen und zwei chinesische Finanzinstitute aufgrund von „erfundenen Anschuldigungen“ sanktioniert, teilte das Handelsministerium in Peking mit. China lehne dies entschieden ab und werde Maßnahmen ergreifen, um die Rechte seiner Firmen und Finanzinstitute zu schützen.
Brüssel hatte wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine am vergangenen Freitag weitere Sanktionen verhängt. Auf der langen Liste von Strafmaßnahmen fanden sich auch mehrere chinesische Unternehmen, weil sie demnach Russlands Angriffs direkt oder indirekt unterstützen.
Das Vorgehen der EU habe negative Auswirkungen auf die Handelsbeziehungen und die Zusammenarbeit im Finanzbereich, erklärte das Handelsministerium. China fordere, die Praxis umgehend einzustellen.
Die Äußerung der Behörde kommt vor dem 25. EU-China-Gipfel an diesem Donnerstag in Peking. Laut dem chinesischen Außenministerium werden EU-Ratspräsident António Costa und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Staatschef Xi Jinping und Ministerpräsident Li Qiang treffen. (dpa)
Ukraine-Kontaktgruppe berät erneut über Hilfen für Kyjiw
Hochrangige Vertreter von rund 50 Ländern kommen am Montag erneut zu einer Konferenz der Ukraine-Kontaktgruppe zusammen. Bei dem virtuellen Treffen werden ab 13.00 Uhr Statements zur Eröffnung von Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD), dem britischen Verteidigungsminister John Healey und deren ukrainischem Kollegen Denys Schmyhal erwartet. Bei dem 29. Treffen geht es wie bei den früheren Konferenzen der Ukraine-Kontaktgruppe darum, die Militärhilfen für die Ukraine im Kampf gegen Russland abzustimmen und auszubauen. (afp)
Frankreichs Außenminister zu Besuch in der Ukraine eingetroffen
Frankreichs Außenminister Jean-Noël Barrot ist erneut in die Ukraine gereist. Der Minister traf am Montag zu einem zweitägigen Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kyjiw ein, wie Reporter der Nachrichtenagentur AFP berichteten. Der Besuch zielt nach Angaben des französischen Außenministeriums darauf ab, die Ukraine in ihrer Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg zu unterstützen.
„Nach den beispiellosen Sanktionen, die Frankreich und die Europäische Union gegen Russland verhängt haben, wird der Minister eine Bilanz der französischen Unterstützung für die Ukraine ziehen“, teilte das französische Außenministerium mit.
Geplant sind demnach unter anderem Treffen mit Barrots ukrainischem Kollegen Andrij Sybiga, dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sowie der neuen Regierungschefin des Landes, Julia Swyrydenko. Da die russischen Streitkräfte weiterhin regelmäßig die ukrainische Energieinfrastruktur angriffen und „damit die Sicherheit der Ukraine und des europäischen Kontinents bedrohen“, werde Barrot auch das havarierte Kernkraftwerk Tschernobyl besuchen, erklärte das Ministerium. (afp)
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