+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++: Reiche in der Ukraine eingetroffen
Wirtschaftsministerin Reiche fährt nach Kiew. Die EU vertagt ihre Entscheidung über eingefrorene Gelder. Litauen meldet russische Flieger in seinem Luftraum.
Wirtschaftsministerin Reiche in der Ukraine eingetroffen
Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) ist in Begleitung einer Wirtschaftsdelegation zu einem Besuch in der Ukraine eingetroffen. „Wir werden alles tun, damit die Ukraine gut durch diesen Winter kommt“, kündigte die Ministerin im Gespräch mit Journalisten bei ihrer Ankunft in Kiew an. Dazu gehöre die Unterstützung beim Wiederaufbau von zerstörter Energieinfrastruktur. „Russland hat von Anfang an auf die ukrainische Energieversorgung gezielt, weil sie die Ukrainerinnen und Ukrainer zermürben möchten“, sagte Reiche.
Sie stellte eine höhere finanzielle Unterstützung und ein stärkeres Engagement von deutschen Produzenten von Energieanlagen in Aussicht. Deutschland wird ihren Worten nach auch weitere Gelder für den Kauf von Erdgas bereitstellen. Zwischen 55 und 60 Prozent der Gasinfrastruktur seien von den Angriffen betroffen, sagte Reiche. Berlin habe zu einem Energieunterstützungsfonds für die Ukraine von 390 Millionen Euro bereits ein Drittel beigetragen. Deutsche Drohnenhersteller sollen zudem im Rahmen der Reise Kooperationen mit der ukrainischen Rüstungsindustrie schließen. (dpa)
EU vertagt Beschluss zu eingefrorenen russischen Geldern
Die EU ist mit den Plänen für die Nutzung von eingefrorenem russischen Staatsvermögen für die Ukraine einen Schritt vorangekommen. Angesichts erheblicher Bedenken des zentralen Akteurs Belgien bleibt allerdings vorerst unklar, ob sie am Ende wirklich umgesetzt werden können. Eine Entscheidung soll kurz vor Weihnachten fallen, wie EU-Ratspräsident António Costa nach einem EU-Gipfel in Brüssel mitteilte, bei dem auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dabei war. Heute Nachmittag will sich zudem die sogenannte Koalition der Willigen in London treffen, um über die weitere Unterstützung für Kiew vor dem Winter zu beraten.
Bei dem Treffen in Brüssel beauftragten die Staats- und Regierungschefs die EU-Kommission damit, so bald wie möglich einen Vorschlag zur Verwendung russischer Vermögenswerte vorzulegen. Auf Drängen Belgiens hin soll die Kommission allerdings auch andere Optionen zur Deckung des Finanzbedarfs der Ukraine für die Jahre 2026 bis 2027 erarbeiten, wie aus einer am Abend veröffentlichten Erklärung hervorgeht.
Von einer Einigung auf eine Nutzung des eingefrorenen Vermögens bleibt die EU damit ein ganzes Stück entfernt. Bundeskanzler Merz (CDU) äußerte vor drei Wochen noch die Erwartung, es werde beim Gipfel „aller Voraussicht nach dazu eine konkrete Entscheidung geben“. Die jetzige Erklärung ist aber nur ein erster Schritt in diese Richtung und nicht das erwartete starke Signal an Russland. Dazu trug auch bei, dass Ungarns Regierung – die einen vergleichsweise guten Draht nach Moskau hat – sich weigerte, den Text mitzutragen.
Merz sagte mit Blick auf Haftungsfragen und andere Bedenken von belgischer Seite, es gebe wirklich ernsthafte Themen, die man lösen müsse. Man habe aber verabredet, gemeinsam vorzugehen und einen Weg zu suchen, das russische Geld zu nutzen.
EU-Ratspräsident António Costa zeigte sich nach dem Gipfel dennoch optimistisch. Niemand habe ein Veto eingelegt, sagte er. Man habe die EU-Kommission gebeten, die Arbeit fortzusetzen und technische Fragen zu klären. Beim EU-Gipfel am 18. Dezember solle dann eine finale Entscheidung getroffen werden. Ähnlich äußerte sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, nach dessen Empfinden der Wille zu dem Projekt „sehr deutlich“ bekräftigt wurde.
Beim Thema Entscheidungsdruck widersprach auch der belgische Premierminister Bart De Wever nicht. Er sagte: „Ich denke, wir brauchen vor Ende des Jahres eine Lösung, um die Ukraine im Krieg zu halten und ihre finanziellen Probleme zu lösen.“ Als mögliche Alternative zur Nutzung des russischen Staatsvermögens nannte er neue EU-Schulden. (dpa)
Treffen der Ukraine-Unterstützer in London
Der britische Premierminister Keir Starmer will die Verbündeten der Ukraine heute aufrufen, ihre militärische Unterstützung für Kiew auszubauen. Das Land müsse vor dem Winter in eine möglichst starke Position gebracht werden, hieß es in einer Mitteilung der britischen Regierung vor dem Treffen der „Koalition der Willigen“ in London. Dazu gehöre neben der Nutzung russischer Vermögenswerte auch, russisches Öl und Gas von den globalen Märkten zu verbannen und mehr Waffen mit großer Reichweite bereitzustellen.
Zu dem Treffen am Nachmittag im britischen Außenministerium werden neben Starmer auch Selenskyj, Nato-Generalsekretär Mark Rutte sowie die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen und der niederländische Regierungschef Dick Schoof erwartet. Etwa 20 weitere Staats- und Regierungschefs wollen sich aus der Ferne zuschalten lassen. Bundeskanzler Merz lässt sich von Außenminister Johann Wadephul vertreten. (dpa)
Merz: Luftraumverletzung in Litauen war bewusste Provokation
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) geht nach der Luftraumverletzung in Litauen von einer bewusst gesetzten russischen Provokation aus. „Das ist eine weitere ernsthafte Luftraumverletzung, die nicht zufällig passiert, die auch nicht zufällig am heutigen Tag passiert“, sagte Merz nach dem EU-Gipfel in Brüssel. Russland provoziere damit die gesamte Europäische Union.
Am Abend waren nach Angaben der litauischen Armee zwei russische Militärflugzeuge in den Luftraum des baltischen EU- und Nato-Landes eingedrungen. Die Luftwaffe habe gegen 18.00 Uhr Ortszeit eine Verletzung der Staatsgrenze bei Kybartai durch einen russischen SU-30-Jet und ein Tankflugzeug vom Typ IL-78 festgestellt, teilte die Armee mit.
Merz fügte hinzu, man werde auf den Vorfall „wie in den vergangenen Wochen mit Augenmaß reagieren“. Unter dem Eindruck der jüngsten Luftraumverletzungen durch russische Kampfjets und Kamikaze-Drohnen hatte die Nato im September den Einsatz „Eastern Sentry“ (deutsch etwa: Wächter des Ostens) begonnen, mit dem vor allem zusätzliche Überwachungs- und Flugabwehrkapazitäten mobilisiert werden sollen.
Merz sagte nun, er wolle mit Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) über die jüngste Luftraumverletzung sprechen. Zudem gehe er davon aus, dass auch der Nato-Rat sich damit befassen werde.
Das Verteidigungsministerium in Moskau wies die Darstellung der Litauer zurück und teilte über Telegram mit, SU-30-Kampfflugzeuge hätten über der russischen Exklave Kaliningrad planmäßige Übungsflüge vollzogen. Grenzen anderer Staaten seien dabei nicht verletzt worden, das hätten „objektive Kontrollmittel“ bestätigt. (dpa)
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