+++ Nachrichten zum Ukrainekrieg +++: Ukraine verbietet Putin-nahe Partei

Die Ukraine verbietet eine prorussische Partei. Die SPD vertagt Verhandlungen zum Parteiausschluss von Gerhard Schröder. Russische Immobilien werden beschlagnahmt.

Präsident Selenski vor einer ukrainischen Flagge

Präsident Selenski hatte die Partei Mitte März bereits per Dekret verboten Foto: Kay Nietfeld/dpa

Ukraine verbietet prorussische Partei

Die Ukraine hat das bereits per Dekret verhängte Verbot der prorussischen Partei Oppositionsplattform – Für das Leben offiziell bestätigt. Die Justiz habe die Aktivitäten der Partei wegen „Verletzung der Souveränität“ der Ukraine verboten, erklärte Justizminister Denys Maljuska am Montag. Demnach soll das gesamte Parteivermögen eingezogen werden. Präsident Wolodimir Selenski hatte die Partei Mitte März wegen des russischen Angriffs bereits per Dekret verboten.

Der als enger Vertrauter von Russlands Staatschef Wladimir Putin geltende Geschäftsmann Viktor Medwedtschuk hatte die Oppositionsplattform – Für das Leben 2018 gegründet. Die Partei wurde offen von Russland unterstützt. 2019 zog sie als zweitstärkste Kraft hinter Selenskis Regierungspartei ins Parlament ein. Medwedtschuk war im April festgenommen worden, als er nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstes das Land verlassen wollte. (afp)

SPD-Parteiausschlussverhandlung von Schröder vertagt

Die mündliche Verhandlung des SPD-Unterbezirks Region Hannover über mehrere Anträge zum Parteiausschluss von Altkanzler Gerhard Schröder wird krankheitsbedingt erneut verschoben. Der für Mittwoch geplante Termin könne nicht stattfinden, weil der Vorsitzende der Schiedskommission, Heiger Scholz, an Corona erkrankt sei, teilte der Geschäftsführer des Parteibezirks Hannover, Christoph Matterne, am Montag mit. Ein neuer Termin solle noch am Montagnachmittag festgelegt werden, könne aber frühestens in zwei Wochen stattfinden.

Ursprünglich sollte die parteiöffentliche Verhandlung bereits am 15. Juni im Kurt-Schumacher-Haus in Hannover stattfinden, doch auch dieser Termin war krankheitsbedingt abgesagt worden. Der nun mit Corona infizierte Scholz ist zugleich Leiter des Corona-Krisenstabs der niedersächsischen Landesregierung.

Unklar ist weiter, ob Schröder selbst zu der Verhandlung erscheinen wird. Das Magazin Der Spiegel hatte Anfang Juni berichtet, der frühere Bundeskanzler werde dem Termin fernbleiben und sich auch nicht rechtlich vertreten lassen. (dpa)

Bundesregierung fördert freie Berichterstattung

Im Kampf gegen Desinformationskampagnen will die Bundesregierung die unabhängige Medien-Berichterstattung über den Krieg in der Ukraine unterstützen. „Russland führt diesen Krieg nicht nur mit brutaler militärischer Gewalt, sondern auch mit Desinformation“, sagte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Montag in einer Video-Grußbotschaft an das Global Media Forum der Deutschen Welle in Bonn.

Sowohl in Russland als auch in anderen Staaten würden unabhängige Journalisten bedroht. Das Auswärtige Amt werde deshalb ein neues Förderprogramm für verfolgte Journalisten auflegen. (epd)

Erstmals in Deutschland Immobilien beschlagnahmt

In Deutschland sind zum ersten Mal auf Grundlage der Sanktionen gegen Russland wegen des Angriffskriegs in der Ukraine Immobilien beschlagnahmt worden. Wie die Staatsanwaltschaft München I am Montag mitteilte, wurden drei Privatwohnungen in der bayerischen Landeshauptstadt sowie das Konto für die Mietzahlungen beschlagnahmt. Betroffen seien ein von der Staatsanwaltschaft mit L. abgekürztes Mitglied der russischen Staatsduma sowie dessen in München mit Wohnsitz gemeldete Ehefrau, die mit K. abgekürzt wurde.

Der Schritt sei durch einen am Montag vollzogenen Eintrag im Grundbuch wirksam geworden. Die Mieter der Wohnungen dürften dort wohnen bleiben, ihre Mieten von zusammen rund 3.500 Euro pro Monat müssten sie nun aber an das Amtsgericht München an Stelle der Besitzer zahlen. Das Bundeskriminalamt habe die Vorbereitung und auch die Durchsetzung der Sanktionen unterstützt, erklärte die Staatsanwaltschaft. (afp)

Amnesty fordert Gleichbehandlung von Flüchtlingen

Zum Weltflüchtlingstag hat die Menschenrechtsorganisation Amnesty International eine ungleiche Behandlung von Flüchtlingen in Deutschland kritisiert. Während die Bundesregierung bei den Ukraine-Flüchtlingen schnell und effektiv gehandelt habe, gebe es für andere Schutzsuchende wie Syrer und Afghanen noch immer verschiedene Rechtsinstrumente, sagte die stellvertretende Generalsekretärin der deutschen Amnesty-Sektion, Julia Duchrow, am Montag in Berlin. Am Vorgehen bei den Ukraine-Flüchtlingen werde man die Asylpolitik der noch verhältnismäßig neuen Bundesregierung messen, sagte sie beim Berliner Flüchtlingsschutzsymposium. Das sei „best practice“ gewesen, so Duchrow.

Zur Aufnahme von Ukraine-Flüchtlingen hatten die EU-Staaten erstmals eine Richtlinie in Kraft gesetzt, die eine schnelle und unbürokratische Aufnahme ermöglicht. In Deutschland wechseln die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine zudem schneller in den normalen Sozialleistungsbezug und haben zügiger Zugang zum Arbeitsmarkt. (epd)

Bundesregierung erwartet EU-Zustimmung

Die Bundesregierung erwartet eine Zustimmung beim EU-Gipfel zum Beitrittskandidatenstatus für die Ukraine und die Republik Moldau. Es sehe gut aus, dass die EU-27 auf ihrem Treffen am Donnerstag und Freitag in Brüssel der Empfehlung der EU-Kommission folgen werde, sagten Regierungsvertreter am Montag in Berlin. Die EU-Kommission hatte ihre Empfehlung vergangenen Freitag abgegeben.

Demnach muss Georgien noch Bedingungen erfüllen, um ebenfalls einen Kandidatenstatus zu erhalten. Dieser ist der erste Schritt in einem langwierigen Beitrittsprozess. Man werde sicherstellen, dass es auf diesem Weg keine Abkürzungen gebe und alle Kriterien erfüllt werden müssten, wird in der Bundesregierung unterstrichen. (rtr)

Söder: Bei Ukraine-Beitritt zur EU nichts überstürzen

Der Prozess des möglichen Beitritts der Ukraine zur Europäischen Union wird sich nach Auffassung des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chefs Markus Söder hinziehen. „Es wird ein langer Prozess sein“, sagte Söder am Montag nach einer Sitzung des Parteivorstandes in München. „Wir wollen alles im Blick haben.“

Es müssten alle Voraussetzungen erfüllt sein, damit ein solcher Beitritt möglich ist. Eine ganzheitliche Betrachtungsweise sei notwendig. „Ganzheitlich heißt, ob die Europäische Union derart im Moment in der Lage wäre, eine solche Aufnahme überhaupt zu machen – wir sind da in großen Teilen skeptisch, auch Manfred Weber, ob das jetzt gelingen kann“, sagte Söder. Der CSU-Europapolitiker Manfred Weber ist Chef der Europäischen Volkspartei (EVP). „Deswegen: Nichts überstürzen, sondern das Ganze realpolitisch angehen“, empfahl Söder. (dpa)

Ukraine meldet Verlust nahe Sjewjerodonezk

Die Ukraine hat die Eroberung eines Dorfes nahe der seit Wochen heftig umkämpften ostukrainischen Großstadt Sjewjerodonezk durch russische Truppen gemeldet. „Leider kontrollieren wir Metjolkin nicht länger. Und der Feind baut stetig seine Reserven aus“, erklärtet der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, am Montag. In Sjewjerodonezk stehe das Asot-Chemiewerk, wo hunderte Zivilisten Schutz gesucht haben sollen, unter „ständigem“ Beschuss.

Sjewjerodonezks Bürgermeister Oleksandr Strjuk sagte derweil im ukrainischen Fernsehen, die russischen Truppen kontrollierten inzwischen die meisten Wohngebiete der Stadt. Insgesamt gesehen sei jedoch noch mehr als ein Drittel des Stadtgebietes in ukrainischer Hand. „Die Russen kontrollieren den Rest.“ (afp)

EU-Außenminister beraten über Kandidatenstatus

Die Außenminister der Europäischen Union haben am Montag Beratungen über den Vorschlag der EU-Kommission aufgenommen, der Ukraine und Moldau den Status als Beitrittskandidaten zu verleihen. „Die EU ist bereit, Nachbarn aufzunehmen, die beitreten wollen“, sagte der Außenbeauftragte Josep Borrell am Rande des Luxemburger Treffens. Österreich knüpft seine Zustimmung beim EU-Gipfel am Donnerstag und Freitag allerdings an Fortschritte im Beitrittsprozess der Westbalkanstaaen.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte in Luxemburg, die EU stehe vor einem „historischen Moment“. Die Ukraine oder Moldau nicht einzuladen, wäre „eine fatale Entscheidung“.

Die Niederlande wollen dem Kandidatenstatus nach anfänglichem Zögern nun zustimmen. Außenminister Wopke Hoekstra sagte in Luxemburg, die EU-Kommission habe einen „ausgewogenen Vorschlag“ vorgelegt. (afp)

Ein Verletzter bei Beschuss russischer Grenzregion

In der westrussischen Region Brjansk an der Grenze zur Ukraine ist ein Mann nach offiziellen Angaben durch Artilleriebeschuss verletzt worden. „Heute morgen wurde die Ortschaft Susemka durch die ukrainischen Streitkräfte beschossen“, teilte der Gouverneur der Region Brjansk, Alexander Bogomas, in seinem Telegram-Kanal mit. Eine Person sei dabei „zu Schaden gekommen“, mehrere „Objekte“ beschädigt worden.

Bei dem Verletzten soll es sich um einen Mitarbeiter des örtlichen Energieversorgers handeln. Er erhielt demnach leichte Hautverletzungen durch Splitter. Beschädigt wurden ein Einfamilien- und zwei Mehrfamilienhäuser. Darüber hinaus wurde die Stromversorgung der Ortschaft teilweise lahmgelegt. (dpa)

Selenski verheißt „historische“ Woche für die Ukraine

Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski sieht sein Land vor einer „historischen“ Woche. In den nächsten Tagen könnte die Ukraine der angestrebten EU-Mitgliedschaft näherkommen, erklärte Selenski in seiner abendlichen Videoansprache am Sonntag. Zugleich könnte eine solche Entwicklung eine feindseligere Reaktion Russlands zur Folge haben.

Am Freitag hatte die EU-Kommission einen Kandidatenstatus der Ukraine für einen möglichen Beitritt zum Staatenbund empfohlen und damit den ersten Schritt eines langen Prozesses angestoßen. Mit dem Vorschlag wird sich in dieser Woche der Europäische Rat aus den Staats- und Regierungschefs der EU in Brüssel beschäftigen. Einer Aufnahme von Beitrittsverhandlungen müssten alle Mitgliedsstaaten zustimmen.

Das Ergebnis der Gespräche in Brüssel bezeichnete Selenski als einen der schicksalsträchtigsten Momente für die Ukraine seit deren Unabhängigkeit von der Sowjetunion 1991. „Ich bin sicher, dass nur eine positive Entscheidung den Interessen von ganz Europa entspricht“, erklärte er. „In solch einer Woche sollten wir stärkere feindselige Aktivität von Russland erwarten. Und nicht nur gegen die Ukraine, sondern gegen Europa. Wir wappnen uns dafür.“ (afp)

Ukrainischer Außenminister betont Kampfeswillen

Der ukrainische Außenminister Dmitro Kuleba betonte den Kampfeswillen seines Volkes. Die Ukraine würde auch im Falle eines Endes westlicher Waffenlieferungen den Kampf gegen Russland weiterführen. „Wenn wir keine Waffen erhalten, in Ordnung, dann werden wir mit Schaufeln kämpfen, aber wir werden uns verteidigen, denn dieser Krieg ist ein Krieg um unsere Existenz“, sagte Kuleba auf Englisch in der ARD-Talksendung „Anne Will“ am Sonntagabend.

„Je früher wir also Waffen erhalten, je früher sie gesendet werden, desto größer ist die Hilfe für uns. Wenn Waffen später geschickt werden, werden wir nach wie vor ‚Danke‘ sagen, aber dann wird viel verspielt sein, viele Menschen werden gestorben sein.“ (dpa)

Russisches Militär spricht von Fortschritten

Das russische Militär spricht hingegen von einer positiven Entwicklung der eigenen Offensive. Am Sonntag nahmen die russischen Truppen nach eigenen Angaben Metjolkine ein, einen Vorort der einstigen Großstadt Sjewjerodonezk.

Zudem sei im Gebiet Dnipropetrowsk ein Führungsgefechtsstand der ukrainischen Streitkräfte mit hochrangigen Offizieren durch einen Raketenangriff zerstört worden. „Durch den Schlag wurden mehr als 50 Generäle und Offiziere der ukrainischen Streitkräfte, darunter Generalstabsoffiziere und der Kommandostab des Truppenverbands „Kachowka“, der Luftlandetruppen und der Verbände vernichtet, die im Gebiet Mykolajiw und Saporischschja agieren“, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Igor Konaschenkow. (dpa)

Ukrainische Armee meldet Erfolg nahe Sjewjerodonezk

Die Ortschaften im Umkreis der umkämpften Stadt Sjewjerodonezk stehen weiterhin unter intensivem russischem Beschuss. Die ukrainischen Streitkräfte erklärten am Sonntag, es sei ihnen gelungen, die Russen um Sjewjerodonezk zurückzudrängen. In einem Post im Online-Netzwerk Facebook verwies die ukrainische Armee auf einen Erfolg in der Gegend um Toschkiwka. Laut Kiew „stürmen“ russische Kräfte hingegen in Richtung des Dorfs Orichowe.

Das russische Verteidigungsministerium erklärte am Sonntag, es habe ein Treffen hochrangiger ukrainischer Militärs mit Raketen angegriffen und dabei „mehr als 50 Generäle und Offiziere“ getötet. Zudem sei durch russischen Beschuss in der Stadt Mikolajiw ein Gebäude zerstört worden, in dem vom Westen gelieferte Waffen gelagert gewesen seien, darunter zehn Haubitzen und rund 20 gepanzerte Fahrzeuge. (afp)

Vermögenswerte russischer Oligarchen eingefroren

In der EU und insbesondere in Deutschland sind auf Grundlage der Sanktionen wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine in den vergangenen Monaten deutlich mehr Vermögenswerte russischer Oligarchen beschlagnahmt worden. Der Wert eingefrorener Vermögen habe sich „nahezu verdoppelt von 6,7 Milliarden Euro im April auf aktuell etwas mehr als 12,5 Milliarden Euro“, sagte ein Sprecher der EU-Kommission der Zeitung Welt (Montag).

Demnach heißt es in Kreisen der EU-Kommission, der steile Anstieg der eingefrorenen Vermögen sei „maßgeblich“ auf zahlreiche Vermögenswerte zurückzuführen, die in Deutschland ausfindig gemacht und gesperrt wurden. Derzeit seien die Vermögen von „mehr als 1.100 Personen und Einrichtungen eingefroren“, sagte die EU-Kommission weiter. (afp)

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