1. Mai in Nordrhein-Westfalen: Naziaufmarsch in Essen

Mehrere hundert Neonazis demonstrierten am 1. Mai durch Essen. Dabei wurden sie von einer großen Zahl Gegendemonstranten blockiert.

Am Vormittag bei der traditionellen Gewerkschaftsdemo war in Essen die Welt noch in Ordnung. Bild: dpa

DORTMUND/ESSEN taz | Am späten Nachmittag des 1. Mai hatte das Versteckspiel der Rechten im Ruhrgebiet ein Ende. Lautstark pöbelnd und singend verabschiedeten sie sich vom Dortmunder Hauptbahnhof in den Regionalexpress 1 Richtung Essen.

Bis dahin war nicht endgültig klar gewesen, in welcher Stadt die Nazis demonstrieren würden. Rund 150 von ihnen hatten sich kurz hinter dem Eingangsbereich im Dortmunder Bahnhof versammelt, am Fuße der S-Bahn-Gleise 6/7. Die Polizei schirmte die Nazis ab, konnte aber nicht verhindern, dass Passanten, die durch den Nazi-Pulk hindurch zu ihrem Gleis wollten, zum Teil wüst beschimpft wurden. Fraglich ist, warum die Rechten sich ausgerechnet da versammeln durften, wo jeder Reisewillige vorbei musste.

Etwa 100 Antifaschisten versuchten, die Abreise zu erschweren, wurden von der Polizei aber nicht gerade zimperlich aus dem Bahnhof geworfen. Manche von ihnen versuchten dennoch, zu den Rechten zu gelangen. Nachdem eine Journalistin von einem hünenhaften Neonazi angegangen wurde und eine Anzeige aufgab, ließ ein Polizist verlauten, die Presse würde, allein dadurch, dass sie berichte, selbst provozieren.

Am Essener Hauptbahnhof drohte die Situation dann zu eskalieren. Viele linke Gegendemonstranten stellten sich den Nazis in den Weg. Die Polizei wirkte überfordert, bildete schließlich eine Pufferzone zwischen Linken und Rechten und kesselte die Linken im Bahnhof ein. Laut Polizei konnte nur durch Schlagstockeinsatz gegen die Linken eine Eskalation zwischen beiden Gruppierungen verhindert werden.

Blockaden auf dem Weg

Die Kundgebung der Rechten auf dem Krayer Markt wurde unter anderem von Mitgliedern der Antifa, von DKP, SPD, DGB, MLPD, Grünen und Linken von zwei Seiten gestört. Mit Musik und lauten Rufen traten sie gegen die üblichen Parolen der Nazis ein. Bei den Rechten, die vor der Teilnahme an der Kundgebung untersucht wurden, waren drei Platzverweise nötig. Nachdem eine etwa 30-köpfige Gruppe aus dem Rheinland eingetroffen war, zogen die Rechtsextremen zusammen weiter Richtung Gelsenkirchen. Mehrere Male musste der Marsch stoppen, weil Gegenblockaden das Weiterkommen erschwerten.

Den Plan, bis nach Gelsenkirchen zu marschieren, mussten die Rechtsextremen schließlich aufgeben. Mehrere Hundert Gegendemonstranten blockierten die Route erfolgreich. Die Rechten nahmen den gleichen Weg zurück zum Bahnhof Essen Kray-Nord. Von dort ging es für sie weiter zum Essener Hauptbahnhof. „Die Nazis durften mit dem Zug fahren, obwohl wir schon vorher hier gewartet haben, um zum Hauptbahnhof zu gelangen. Aber die werden immer bevorzugt", erzählt eine junge Antifaschistin.

Kurz darauf begannen die noch verbliebenen Nazis mit einer Spontandemo in der Essener Innenstadt. Lautstark zogen etwa 100 von ihnen durch die Straßen. Die Demo wurde erst relativ spät kurz vor dem Viehofer Platz gekesselt, die Personalien der Rechten aufgenommen. Während einige Rechtsextreme den Weg nach Hause antraten, liefen andere noch vereinzelt durch die Innenstadt. Auf ihrer Facebookseite und bei Twitter feiern die Nazis das als Erfolg.

Insgesamt stellte die Polizei 22 Strafanzeigen, drei Personen aus dem linken Lager wurden festgenommen. Nach Angaben der Polizei waren etwa 360 Neonazis unterwegs. Ihnen standen über den Tag verteilt rund 1.500 Gegner gegenüber und traten für Vielfalt und Toleranz im Ruhrgebiet ein.

+++Update+++

Das Bündnis „Essen stellt sich quer“ widersprach am 3. Mai per Pressemitteilung der vorherigen Darstellung der Polizei. Zu den etwa 200 Gegendemonstranten am Essener Hauptbahnhof hätten nicht nur Antifaschisten oder Personen aus dem „linken Lager“, sondern auch einfache BürgerInnen, für die Kundgebung vorgesehene RednerInnen und unter anderem Oberbürgermeister Paß, Bezirksbürgermeister Hampel, oder auch Superintendentin Marion Greve und Landesjustizminister Thomas Kutschaty gehört.

Mit ihrem Vorgehen habe die Polizei durchgesetzt, dass die Nazis zuerst mit der S-Bahn fahren durften und die Gegendemonstranten erst mit zwei Stunden Verspätung in Kray ankamen.

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