Kommentar Präsidentenkandidatur: Sozialdemokraten in Panik

Die SPD sträubt sich, die eigene Kandidatin für das Amt des Bundespräsidenten mit Stimmen der Linken wählen zu lassen. Eine irrationale Kurzschlussreaktion

Bundespräsident Horst Köhler ist ein ehrenwerter Mann. Er zeigt noch dazu demokratische Courage, weil er sich trotz unklarer Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung der Wiederwahl stellt. Was ein Amt, das oft allzu überparteilich interpretiert wird, in seiner politischen Bedeutung stärkt.

Gleiches gilt für Gesine Schwan, die Gegenkandidatin Köhlers von 2004 und wahrscheinlich auch 2009. Gesine Schwan ist eine brillante Intellektuelle, in der französischen wie der polnischen Kultur zu Hause, offen, verständigungsbemüht, dem breiten Publikum zugewandt. Es bedurfte schon des selbstzerstörerischen Furors in der SPD, um sogar den unverdienten Glücksfall einer solchen möglichen Kandidatur ins Zwielicht zu rücken.

Was hat eigentlich die SPD-Führung dazu gebracht, sich ohne vorherige Rücksprache mit Gesine Schwan zunächst darauf festzulegen, keinen eigenen Kandidaten aufzustellen? Und wieso fasste man ursprünglich den Entschluss, die Kandidatenfrage ohne Konsultation wenigstens mit dem Parteivorstand zu entscheiden? Die Antwort ist klar: Panik. Die SPD-Führung wollte nicht, dass ihr Kandidat mit den Stimmen der Linkspartei gewählt wird. Der Fraktionsvorsitzende Struck zählte zwar noch die Stimmen der Rechtsradikalen zu einer für die SPD inakzeptablen Mehrheit, aber die Botschaft war doch klar: keine Signale für Rot-Rot-Grün nach den Bundestagswahlen.

Damit setzten die SPD-Oberen die Kette der irrationalen, kurzschlussartigen Reaktionen fort, denen sie seit der Wahl in Hessen unterliegen. Inwieweit sind Stimmen aus dem Lager der "Linken" bei der Bundespräsidentenwahl geeignet, Munition gegen die Sozialdemokraten bei der Bundestagswahl abzugeben? Wie hirnrissig in dieser Hinsicht die ursprüngliche Position der SPD-Führung war, zeigt sich im Profil der Kandidatin Gesine Schwan.

An ihrer Ablehnung des realsozialistischen Regimes in der DDR vor 1989 wie an ihrer Kritik an vor- beziehungsweise undemokratischen Positionen innerhalb der Linken kann überhaupt kein Zweifel bestehen. Allerdings auch nicht an ihrem Willen, die heutige Linke nach einem politischen Klärungsprozess in die politische Verantwortung zu nehmen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.