KOMMENTAR VON HERMANNUS PFEIFER
: Mit Geld allein wird die Krise nicht bewältigt

Zur gemeinsamen Währung gehört eine gemeinsame Wirtschaftspolitik

Der Euro wankt am Abgrund entlang, und Westeuropa droht in Kleinstaaterei zurückzufallen. Die Griechenland-Krise hat viele Akteure auf den Weltfinanzmärkten zutiefst verunsichert. Die zögerliche Griechenland-Hilfe durch die Bundesregierung und die Schwäche gewichtiger Wackelkandidaten wie Italien und Spanien ließen zuletzt sogar ein Auseinanderbrechen des Euroraums möglich erscheinen.

Und nach viel Populismus gegen die Griechenland-Rettung in deutschen Medien würde das viele Deutsche nicht mal stören: Mehr als jeder Zweite wünscht sich in einer aktuellen Umfrage die D-Mark zurück. Ein gefährlicher Wunsch. Denn der ungeliebte Euro ist seit seiner Einführung neben dem Dollar zur zweiten globalen Leitwährung aufgestiegen. Allein China dürfte kaum weniger als eine halbe Billion Euro als Devisenreserven angehäuft haben. Ein tiefer Kursabsturz oder gar ein Scheitern des Euros hätte gefährliche und unabsehbare Folgen für die ganze Weltwirtschaft – und damit besonders für die exportabhängige deutsche Wirtschaft.

Dem Rettungspaket für Griechenland folgte daher konsequenterweise ein Rettungsschirm für alle angeschlagenen Eurostaaten. Sarkozy und Merkel, EU und IWF haben sich in der Nacht auf Montag auf ein 750-Milliarden-Rettungsprogramm verständigt, und die Zentralbank EZB kauft – entgegen der Maastricht-Leitlinie – zukünftig direkt Staatsanleihen auf.

Die gewaltige Summe lässt so manchen schaudern. Doch im Großen und Ganzen geht es „nur“ um Bürgschaften, die zumindest zunächst kein reales Geld kosten werden, die jedoch ein starkes politisches Signal aussenden. Doch damit der finanzielle Kraftakt langfristig etwas bringt, muss nun ein politischer Kraftakt folgen. Europa muss einen Weg finden, die leichtsinnigen Griechenland-Gläubiger mit ins Boot zu holen. Die spekulativen Finanzexzesse gehören endlich politisch eingedämmt und durch eine Transaktionssteuer unattraktiv gemacht.

Und Europa braucht als notwendige Ergänzung zur gemeinsamen Währung endlich eine gemeinsame Wirtschaftspolitik. Dazu gehört eine Angleichung von Steuersätzen, um die Haushalte zu stabilisieren, ein sozialpolitischer Ausgleich zwischen Arm und Reich und ein Mechanismus, um die unterschiedliche Entwicklung von Löhnen, Preisen und Produktivität anzugleichen.