Verleihung ohne Preisträger

NOBELPREIS Das Komitee fordert die Freilassung des geehrten Schriftstellers Liu Xiaobo. Chinas Regierung verspottet die Auszeichnung als „politisches Theater“

OSLO afp/taz | Der chinesische Dissident Liu Xiaobo ist am Freitag in Abwesenheit mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Der Vorsitzende des Nobelpreiskomitees, Thorbjørn Jagland, legte die Urkunde für den in China inhaftierten Liu bei der Zeremonie in Oslo symbolisch auf einem leeren Stuhl nieder. China protestierte scharf gegen die Verleihung und sprach von einem „politischen Theater“.

Jagland forderte in seiner Rede im Rathaus die Freilassung des Preisträgers. „Liu hat nur seine Bürgerrechte ausgeübt“, sagte er. Die Regierung in Peking verurteilte hingegen die Auszeichnung: „Einseitigkeit und Lügen haben kein Fundament, auf dem sie stehen können“, sagte eine Sprecherin am Freitag.

Der Schriftsteller Liu wurde 2009 in China wegen Untergrabung der Staatsgewalt zu elf Jahren Haft verurteilt. Für Peking ist der Mitverfasser der Charta 08, die politische Reformen in China fordert, ein „Krimineller“.

Amnesty International geht davon aus, dass die Preisverleihung an Liu auf lange Sicht Verbesserungen bei der Achtung der Menschenrechte in China bringen werde. Durch den Nobelpreis werde sich „der moralische Druck, aber auch der politische Druck auf die chinesische Regierung erhöhen“, sagte die Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty International, Monika Lüke. China werde es sich „nicht leisten können, ein wirtschaftlicher Riese zu sein, aber bei den Menschenrechten ein Zwerg zu bleiben“.

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