Die Antisemiten sind unter uns

RASSISMUS Der erste Bericht einer Expertenkommission im Auftrag des Bundesinnenministeriums kommt zu dem Schluss: Judenfeindliche Äußerungen sind bis weit in die Mitte der Gesellschaft verbreitet

BERLIN taz | Der von der Bundesregierung im Jahr 2009 eingesetzte „Expertenkreis Antisemitismus“ warnt in seinem noch unveröffentlichten ersten Bericht vor einer „tiefen Verwurzelung von klischeehaften Judenbildern und antisemitischen Einstellungen in der deutschen Kultur und Gesellschaft“. Man beobachte eine „bis weit in die Mitte der Gesellschaft verbreitete Gewöhnung an alltägliche judenfeindliche Tiraden und Praktiken“, schreiben die Autoren um den Londoner Zeithistoriker Peter Longerich. Von einer „alltäglichen Ausgrenzung, Diffamierung, Beschimpfung und Boykottierung“ der in Deutschland lebenden Juden ist dort die Rede.

Bis zu 20 Prozent der Bevölkerung in Deutschland seien zumindest latent antisemitisch, heißt es in dem Bericht. Er soll an diesem Mittwoch, dem Jahrestag der Judenpogrome vom 9. November 1938, Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) übergeben werden. Das ernüchternde Fazit der Experten: „Eine umfassende Strategie zur Bekämpfung des Antisemitismus in Deutschland existiert nicht.“

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