Kommentar CCS-Beschluss der EU: Unterirdischer Lobbyismus

Über das Papier zur Speicherung von Kohlendioxid im Boden freut sich die Kohlelobby. Eine klimafreundliche Wirtschaft sieht anders aus.

Die Kohlelobby weiß, dass sie sich vom Makel des Klimakillers befreien muss Bild: dpa

Schon wieder dieses CCS-Gespenst – die Europäische Union kann es offenbar nicht lassen. Bereits 2007 hatten die Staats- und Regierungschefs den Plan aufgestellt, im Jahr 2015 bis zu zwölf Demonstrationsanlagen zur Verpressung von Abgasen in den Untergrund in Betrieb zu haben. Aber weil die Länder und die betroffenen Regionen sich sträubten, passierte erst einmal wenig.

Jetzt soll ein neuer Anlauf das Prinzip CCS etablieren. Weil aber die Vorbehalte nach wie vor riesig sind, suggeriert der am Dienstag vom Parlament verabschiedete Bericht einerseits Verständnis für die Betroffenen – um dann doch nach Wegen zu suchen, die Kohlendioxiddeponien durchzudrücken. So räumt das Papier einerseits zwar ein, dass es „noch besser wäre, wenn die Mitgliedstaaten ihre Klimaschutzziele“ ohne die Anwendung von CCS erreichen könnten.

Andererseits bezeichnet die EU die CO2-Endlagerung als „vielversprechende Technologie“ und ruft ihre Mitgliedstaaten dazu auf, die skeptische Öffentlichkeit davon zu überzeugen, dass von der CO2-Speicherung weniger Risiken ausgehen als von vielen anderen industriellen Tätigkeiten. Um die Technik zu etablieren, sollen die Mitgliedstaaten „einen Teil der finanziellen Haftung“ übernehmen für den Fall, dass an einer „genehmigten Speicherstätte Schwierigkeiten“ auftreten.

Das Papier trägt eindeutig die Handschrift der Kohlelobby. Die weiß sehr genau, dass ihr Energieträger langfristig nur eine Chance hat, wenn es gelingt, ihn vom Makel des Klimakillers zu befreien. Die Frage nach Sinn oder Unsinn der unterirdischen CO2-Deponien wird nicht ernsthaft diskutiert.

Rein physikalisch gesehen ist CCS nämlich ein Unding, weil die Kohlekraftwerke enorm an Effizienz verlieren. Von den heute mit Braunkohlekraftwerken erzielbaren 43 Prozent Wirkungsgrad blieben nur noch rund 34 Prozent übrig. Folglich würde der Bedarf an Kohle um ein Viertel steigen. Zudem würde jede Kilowattstunde Strom nach heutiger Schätzung um zwei bis vier Cent teurer.

Nein, der Weg in eine klimafreundliche Wirtschaft muss ein anderer sein, nämlich der über die erneuerbaren Energien, die im Laufe der Jahre der Wirtschaftlichkeit immer näher kamen und sie heute mitunter schon erreichen. Und er muss über die effizientere Nutzung von Energie gehen. CCS ist dagegen reine Show, zumal die Technik mit alten Kohlekraftwerken oft nicht kombinierbar ist.

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Fachjournalist mit Schwerpunkt Energie und Umwelt seit 30 Jahren. Naturwissenschaftler - daher ein Freund sachlicher Analysen.

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