Scheitert Europa, scheitert Merkel

GREXIT Bundeskanzlerin macht Griechen für das Scheitern der Verhandlungen verantwortlich. Eine Empfehlung für das Referendum will sie dem „stolzen Volk“ nicht geben. Tspiras bittet EU um Hilfe für ein paar Tage

BERLIN/ATHEN/BRÜSSEL taz/dpa/rtr | Die Bundeskanzlerin fürchtet um die Zukunft der Europäischen Union. „Scheitert der Euro, scheitert Europa. Und das wollen wir nicht“, sagte Angela Merkel nach einem Treffen mit den Fraktionsspitzen aller Parteien im Kanzleramt. Der griechischen Regierung warf sie vor, die Verhandlungen mit den Partnern der Euro-Zone über die Schuldenkrise durch die Entscheidung für eine Volksabstimmung am 5. Juli beendet zu haben. Der Wille zu einem Kompromiss sei auf griechischer Seite nicht dagewesen.

Anders als EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, der die Griechen in einem flammenden Appell dazu aufrief, bei dem Referendum am Sonntag das vorgeschlagene Spar- und Reformpaket der Geldgeber zu billigen, vermied Merkel auch auf Nachfrage ein klares Statement. „Keiner will die Bürger eines stolzen Volkes beeinflussen“, so Merkel. Sie betonte zudem: „Wir stehen bereit zu helfen, soweit das notwendig ist.“ Auch stünden alle von europäischer Seite angebotenen „konjunkturellen Impulse für Griechenland weiter im Raum“.

Die Opposition warf der Bundesregierung Konzeptlosigkeit vor. „Ich glaube, sie nehmen einen Crash in Kauf, ohne genau zu wissen, was danach passiert“, sagte Linken-Fraktionschef Gregor Gysi am Montag nach dem Treffen mit Merkel. Und die Grünen-Chefin Simone Peter beklagte, die Bundesregierung warte derzeit ausschließlich auf weitere Schritte von griechischer Seite. Dies sei für die Grünen „keine vollständige Strategie.“

Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras hat derweil die EU erneut um eine kurzfristige Verlängerung des Hilfsprogramms „um ein paar Tage“ gebeten. Tsipras habe diese Bitte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker sowie EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz am Montag telefonisch übermittelt, berichteten Regierungskreise in Athen. Schulz habe Tsipras mitgeteilt, die EU-Parlamentsfraktionen wollten darüber beraten, hieß es in Athen. Das Hilfsprogramm der EU für Griechenland läuft am heutigen Dienstag aus. GA

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