Grünen-Spitzenkandidat Trittin über Wahlkampf: "Westerwelle kuscht vor Seehofer"

Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin will um enttäuschte SPD-Wähler werben - und setzt trotz der Ablehnung der FDP weiter auf eine Ampel-Koalition.

"Die große Koalition ist ein Desaster": Jürgen Trittin. Bild: dpa

taz: Herr Trittin, zuletzt haben Sie Frank-Walter Steinmeier scharf kritisiert, zu Angela Merkel schweigen Sie. Machen Sie Wahlkampf nur gegen die SPD?

Jürgen Trittin: Merkel hat sich in den Urlaub abgesetzt und vermeidet alles, was nach Wahlkampf aussieht. Deshalb bleibt es automatisch an der SPD hängen, wenn ich die große Koalition kritisiere - etwa wegen der Abwrackprämie, die den Absatz zukunftsträchtiger Elektroautos auf absehbare Zeit blockiert.

56, ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen. Mit Renate Künast führt er die Grünen im Bundestagswahlkampf 2009 an.

Diese Abwrackprämie war ursprünglich Steinmeiers Idee.

Das mag von historischem Interesse sein. Politisch trägt die große Koalition die Verantwortung für diese Maßnahme - und damit auch Frau Merkel.

Umgekehrt setzt die SPD vor allem auf grüne Themen - Atomausstieg, Homoehe, ökologische Wende. Ist das ein Wahlkampf gegen die Grünen?

Die SPD blinkt Rot-Grün, um sich in eine große Koalition zu retten. Deshalb kommen wir nicht umhin, uns mit dem Missverhältnis zwischen ihren Programmleitsätzen und ihrer Realpolitik auseinanderzusetzen.

Bei allen Bundestagswahlen seit 1998 hat sich die Stärke der politischen Lager kaum verschoben. Ist das der Grund für den harten Wahlkampf innerhalb der Lager?

Das sehe ich überhaupt nicht so. Unser Hauptziel bleibt, Schwarz-Gelb zu verhindern. Deshalb kommt es darauf an, auf der Gegenseite genügend Wähler zu mobilisieren. Hier stehen wir vor einem Problem: SPD-Anhänger gehen nicht zur Wahl, weil sie von der großen Koalition enttäuscht sind. Deshalb müssen wir sie zur Wahl der Partei motivieren, die der SPD den Wiedereinzug in eine große Koalition erschwert. Das sind die Grünen.

Nun könnten sich rot-grüne Wechselwähler denken: Wenn ich Schwarz-Gelb verhindern will, ist eine große Koalition realistischer als Schwarz-Grün.

Diese Überlegung mag es 2005 gegeben haben, diesmal ist die Lage völlig anders. Heute ist offenbar, dass die große Koalition ein Desaster ist. Für eine andere Zweierkoalition wird es aber kaum reichen, dafür wird die CDU zu schwach abschneiden.

Sie setzen weiter auf die Ampel, obwohl Guido Westerwelle sie ausgeschlossen hat?

Darauf gebe ich nicht viel, Guido Westerwelle kuscht doch nur vor Horst Seehofer. Nach der Wahl wird der Druck gewaltig sein, Alternativen zur großen Koalition zu suchen.

INTERVIEW: RALPH BOLLMANN

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