„Die wollen den Staat kapern“

Robert Zion rechtfertigt das Ende der Sondierung

■ geb. 1966, Philosoph und Sozialpädagoge, ist Vorstandssprecher des Grünen-Kreisverbands Gelsenkirchen und inoffizieller Wortführer der linken NRW-Grünen.

taz: Herr Zion, ist in NRW eine historische Chance für ein linkes Bündnis verpasst worden?

Robert Zion: Nun, es hätte möglich sein können. Aber das haben die altlinken Funktionärskader der Linkspartei in NRW nicht kapiert. Die haben nicht die Interessen ihrer Wählerinnen und Wähler vertreten, die ganz konkrete Verbesserungen ihrer Lebensverhältnisse wollen, sondern wollen nach leninistischem Vorbild den Staat kapern und von innen verändern. Darauf konnten SPD und Grüne sich nicht einlassen.

War es sinnvoll, NRW-Linke 20 Jahre nach der Wende zu Anti-DDR-Bekenntnissen zwingen zu wollen?

Ja. Das Bündnis musste ja stabil sein. Wenn es keinen demokratischen Grundkonsens gibt, kann man so etwas nicht gemeinsam durchstehen. Es gibt ja in der Republik einen konservativen Grundkonsens, das Bündnis wäre enorm unter Druck geraten.

Das heißt, statt über Inhalte zu reden, hat man aus Angst vor der regionalen Kampfpresse eine DDR-Diskussion geführt?

Man hätte die Inhalte nicht umsetzen können, wenn man nicht vorher gemeinsam Altlasten aufarbeitet und entsorgt – gerade auch im Westen. Es hat bei SPD wie Grünen Entsetzen und Perplexität gegeben angesichts mancher Aussagen der Linken. Unter anderem wollten Partei- und Fraktionsspitze gleichzeitig regieren und Widerstand gegen die eigenen Beschlüsse leisten können. Das geht nicht.

Haben sich jetzt die Chancen für Rot-Rot-Grün im Bund verbessert oder verringert?

Die Linkspartei im Bund ist professioneller, pragmatischer und progressiver. Die Niederlage, die das Mitte-links-Lager jetzt in NRW erlitten hat, zeigt uns, dass wir uns noch ganz anders mit der Linkspartei auseinandersetzen müssen. INTERVIEW: UWI