Stammgast in Putins Knästen

Lew Ponomarjow behauptete, dass Gefangene in russischen Knästen systematisch gefoltert würden

Es ist immer nur eine Frage der Zeit, dass der bekannte russische Menschenrechtler Lew Ponomarjow festgenommen und damit zumindest temporär aus dem Verkehr gezogen wird. Am vergangenen Donnerstag war es wieder so weit: Nach einer Protestkundgebung in Moskau gegen den Bürgermeister der Hauptstadt, Juri Luschkow, und Regierungschef Wladimir Putin nahmen Sondereinheiten der Polizei den 68-Jährigen mit 35 weiteren Demonstranten in Gewahrsam. Kurz darauf wurde Ponomarjow wegen Kreislaufproblemen in eine Klinik eingeliefert, wo er mehrere Tage unter ärztlicher Aufsicht bleiben muss.

Der promovierte Mathematiker und Physiker engagiert sich bereits seit den 80er Jahren für die Verteidigung von Menschenrechten. 1988 war Ponomarjow einer der Initiatoren der Organisation „Memorial“, die sich für die Rehabilitierung der Opfer des Stalinismus einsetzt. Von 1990 bis 1996 saß er als Abgeordneter im Parlament – zunächst im Kongress der Volksdeputierten, danach für die liberale Partei „Wahl Russlands“ in der Duma. 1997 riefen er und einige Gleichgesinnte die Bewegung „Für Menschenrechte“ ins Leben.

2007 reichten die Behörden Klage gegen den standhaften Menschenrechtsaktivisten ein – wegen Verleumdung des für das russische Gefängniswesen Hauptverantwortlichen, General Juri Kalinin. Ponomarjow hatte behauptet, dass das System inhuman sei und Gefangene in einigen Haftanstalten systematisch gefoltert würden. Per Urteil wurde er gezwungen, diese Anschuldigungen zu widerrufen.

Zu handfesteren Methoden im Kampf gegen den Regierungskritiker griffen drei Unbekannte in der Nacht vom 31. März zum 1. April 2009. Vor seinem Haus lauerten sie ihrem Opfer auf und schlugen es zusammen. Ponomarjow erlitt schwere Verletzungen an Kopf und Brust.

Doch offensichtlich lässt sich der verheiratete Vater zweier Töchter, der auch noch führendes Mitglied der 2008 gegründeten Oppositionsbewegung Solidarnost ist, nicht einschüchtern. Im vergangenen März gehörte er zu den 34 Erstunterzeichnern des Onlinemanifests „Putin muss gehen“. Darin heißt es unter anderem: „In Russland kann keine wesentliche Reform umgesetzt werden, solange Putin die Macht in diesem Land kontrolliert. Die Befreiung vom Putinismus ist der erste, unerlässliche Schritt auf dem Weg zu einem neuen, freien Russland.“ BARBARA OERTEL