„Atommafia“ getroffen

PROTESTE Mit einem Anschlag auf die Berliner S-Bahn reiht sich die militante Szene in den Castorprotest ein

Berlin taz | „Der flächendeckende Ausfall des Unternehmens Deutsche Bahn war geplant und sollte zeigen, dass die Profiteure der Atommafia kein ruhiges Hinterland haben.“ Das sind die Worte aus dem der taz vorliegenden Bekennerschreiben zu einem Brandanschlag in Berlin. In der Nacht zu Montag war in Berlin aus zunächst unbekannten Gründen ein Kabelschacht der S-Bahn in Brand geraten, der zu starken Beeinträchtigungen im Berliner Nahverkehr führte. Die Polizei hält das Bekennerschreiben für authentisch.

Damit mehren sich die Hinweise, dass auch die autonome Szene kräftig für die Anti-Atomkraft-Proteste an diesem Wochenende im niedersächsischen Wendland mobilisiert. Im Internet kündigt etwa eine sich selbst als „Radikale Anti-Atom-Bewegung Leipzig“ bezeichnende Gruppe unter dem Motto „Schottern reicht uns nicht!“ an, am Wochenende „mit mehreren Flex-Trennschleifern, Kettensägen und Presslufthämmern“ ins Wendland zu reisen.

Sowohl die Polizei als auch Anti-Atomkraft-Bündnisse bemühen sich dagegen allerdings deutlich um deeskalierende Töne. Eine Sprecherin der zuständigen Polizeidirektion Lüneburg sagte der taz am Dienstag: „Wir gehen in der Masse von friedlichen Protesten aus und rechnen mit möglicherweise gewalttätigen Aktionen einzelner Aktivisten aus der militanten Szene.“

Sprecher verschiedener Anti-Atomkraft-Bündnisse – darunter die Bürgerinitiative Lüchow-Dannenberg, die Kampagne „Castor schottern“ und die Bäuerliche Notgemeinschaft – bekräftigten am Dienstag im Gespräch mit der taz, dass sie sich durch niemanden „vom traditionellen Konzept des gewaltfreien Widerstands im Wendland“ abbringen lassen würden.

Unterdessen hat die Polizei ein für das Wochenende von der Bäuerlichen Notgemeinschaft im Ort Gusborn geplantes Übernachtungscamp verboten. Die Polizei vermutet in dem Camp einen Widerstandshort, weil die Bauern in den vergangenen Jahren durch spektakuläre Streckenblockaden von sich reden machten. Die Bauern kündigten rechtliche Schritte gegen die Entscheidung an. Die übrigen geplanten Widerstandscamps im Wendland wurden bislang nicht verboten.

KONRAD LITSCHKO UND MARTIN KAUL