Der Verteidiger der Gottesfurcht gibt auf

KARRIERE Rick Santorum setzt nach seinem Ausstieg auf Sieg bei den nächsten Präsidentschaftswahlen

■ Über 270 Delegierte konnte Rick Santorum für den Parteitag der Republikaner in Tampa, Florida Ende August sammeln, auf dem der Präsidentschaftskandidat gekürt werden wird. Wie werden sich diese nun nach seinem Ausstieg verhalten? Etwa 85 der Delegierten kommen aus fünf Bundesstaaten, in denen die Wahlmänner und -frauen ohnehin nicht an ihre frühere Wahl gebunden sind. Sie können ihre Stimme frei abgeben. Die anderen Delegierten dürfen nur dann einen anderen Mann als Santorum wählen, wenn dieser es ihnen explizit erlaubt. Das aber hat Rick Santorum auch in seiner Rücktrittsrede nicht getan.

WASHINGTON taz | Der 53-jährige Exsenator Rick Santorum hatte seinen Ausstieg aus der republikanischen Präsidentschaftskampagne am Dienstag in Gettysburg erklärt. Zwei Wochen vor den Vorwahlen in seinem eigenen Bundesstaat Pennsylvania gab damit der Zweitplatzierte im Rennen um die Kandidatur auf. Vermutlich kam Santorum einer weiteren Vorwahl-Schlappe zuvor. Selbst die günstigsten Prognosen sahen ihn allenfalls als knappen Sieger in Pennsylvania.

Ohne eine Niederlage in Pennsylvania kann Santorum nun erhobenen Hauptes seine Karriere vorbereiten. Er kokettiert längst mit einer künftigen Präsidentschaftskandidatur. In den vergangenen Tagen hat er sich vielfach auf Ronald Reagan berufen, der nach Niederlagen gegen „moderate“ Republikaner in den 70er Jahren ein Comeback als US-Präsident in den 80er Jahren hatte.

Der nächste mögliche Bewerbungstermin für Santorum ist das Jahr 2016. Dann ist er 57 – immer noch jünger als die drei Republikaner, die jetzt noch im Rennen sind. Noch Ende letzten Jahres hätte kaum jemand Santorum eine Chance im Wahlkampf gegeben. Der Exsenator aus Pennsylvania galt als zu katholisch, als zu wertkonservativ, als zu provinziell. Zudem war er außerhalb seines Bundesstaates nur Insidern bekannt.

Doch wider alle Erwartungen traf der Enkel eines aus Italien eingewanderten Bergwerksarbeiters den Nerv der rechten Basis und wurde zum Überraschungsstar der Kampagne. Er verstand es, sowohl Maisbauern in Iowa als auch evangelikale Christen in den Südstaaten mitzureißen. Bei seinen Auftritten sprach er jene Themen an, die in der tiefen Provinz ankommen: Er verteidigte die traditionelle Ehe und die Gottesfurcht, er kämpfte für das Verfassungsrecht auf Waffentragen und er sprach für ein bis an die Zähne bewaffnetes, wehrhaftes Land im Rest der Welt. Unter anderem kritisierte er den US-Truppenrückzug nach acht Kriegsjahren im Irak als „verfrüht“. Mit solchen Leitmotiven, mit harter Kritik sowohl an Romney als auch an Präsident Obama und mit leidenschaftlichen Reden eroberte Santorum die Stimmen der Tea-Party-Bewegung.

„Es war eine Liebesgeschichte für mich“, beschrieb Rick Santorum am Dienstag zum Abschied seinen Wahlkampf. Und kündigte an, dass er „weiterkämpfen“ werde. DOROTHEA HAHN