Opposition stimmt EU-Sparpakt zu

FISKALPAKT Regierung verspricht SPD und Grünen für ihre Zustimmung Engagement für die rasche Einführung der Transaktionsteuer und ein Wachstumsprogramm

■ Im Kampf gegen die Schuldenkrise haben 25 von 27 EU-Staaten im März den Pakt mit strengeren Haushaltsregeln unterzeichnet. Schärfere Vorgaben über eine Änderung der EU-Verträge scheiterten, da Großbritannien und Tschechien nicht mitziehen.

■ Der Fiskalpakt verpflichtet die Unterzeichner zu ausgeglicheneren Haushalten. Ferner sollen die Staaten nationale Schuldenbremsen einführen und in ihrem Recht verankern – kontrolliert vom Europäischen Gerichtshof EuGH. Sofern ihn bis dahin 12 Euroländer ratifiziert haben, tritt der Pakt spätestens Anfang 2013 in Kraft und wird binnen fünf Jahren in europäisches Recht überführt.

■ Der Fiskalpakt wird mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) verknüpft. ESM-Hilfen erhalten nur die Länder, die auch den neuen Pakt unterzeichnet haben. (dpa)

AUS BERLIN MALTE KREUTZFELDT

Die Superhelden blieben ungehört: Am Morgen hatten verkleidete Attac-Aktivisten noch vor dem Kanzleramt gegen den Fiskalpakt demonstriert, den sie für antidemokratisch und unsozial halten. Doch schon kurze Zeit später stand fest: Der umstrittene europäische Sparpakt wird kommen. Schneller als erwartet haben sich die Spitzen der schwarz-gelben Regierung mit der rot-grünen Opposition endgültig geeinigt.

Die Abstimmung, bei der die Regierung wegen der notwendigen Zweidrittelmehrheit auf die Opposition angewiesen ist, kann damit wie von der Kanzlerin gewünscht am nächsten Freitag stattfinden. Im Gegenzug kam die Regierung der Opposition in einigen Punkten entgegen. In einem fünfseitigen „Pakt für nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung“, der nächste Woche vom Kabinett verabschiedet werden soll, bekennt sie sich zum einen zur Finanztransaktionsteuer.

Ergänzend zur bereits zuvor gefundenen Grundsatzeinigung, damit auch in einer kleinen Gruppe von EU-Staaten zu beginne, wurde dabei ein konkreter Zeitplan vereinbart, der eine Verabschiedung des Gesetzes im Jahr 2012 vorsieht. Und der Wunsch der FDP, dass die Steuer nicht zu Ausweichreaktionen führen und Kleinanleger nicht belasten dürfe, wurde von einer Bedingung zu einem Ziel abgeschwächt.

Der zweite Punkt, bei dem Einigung erzielt wurde, sind zusätzliche Gelder für Wachstumsprogramme. So sollen das Eigenkapital der Europäischen Investitionsbank um 10 Milliarden Euro aufgestockt und neu geschaffene Projektanleihen mit 1 Milliarde Euro abgesichert werden. Zudem sollen nicht abgerufene Mittel aus den EU-Strukturfonds künftig umgeleitet werden.

Um die Opposition unter Druck zu setzen, soll Merkel mit Neuwahlen gedroht haben

SPD und Grüne mühten sich sehr, die Einigung als großen Erfolg darzustellen. „Die Regierung hat sich erheblich bewegt“, sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel. „Was wir erreichen konnten, haben wir erreicht.“ Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin erklärte, Schwarz-Gelb habe anerkennen müssen, dass es „keine Konsolidierung ohne Investitionen und Wachstum“ gebe.

Keinerlei Zugeständnisse gab es jedoch bei der dritten zentralen Forderung, dem Altschuldentilgungsfonds, der durch gemeinschaftliche Haftung zu geringeren Zinsen für EU-Krisenstaaten führen soll. „Hier war die Regierung nicht verhandlungsbereit“, sagte Trittin. Und weil die Kanzlerin nach Angaben aus Teilnehmerkreisen offen mit Neuwahlen gedroht haben soll, falls der Fiskalpakt nicht trotzdem verabschiedet werde, gab die Opposition hier nach – wohl wissend, dass die deutsche Öffentlichkeit eine gemeinsame Haftung für Schulden ausgesprochen kritisch sieht.

Bei vielen Grünen kam diese Zustimmung nicht gut an. „Wir müssen den Druck aufrechterhalten“, sagte etwa der Bundestagsabgeordnete Gerhard Schick der taz. „Ohne eine Antwort auf den Zinsdruck sehe ich nicht, dass ich dem Fiskalpakt zustimmen kann.“ Beim kleinen Parteitag, dem sogenannten Länderrat, den die Grünen am Sonntag zu dieser Frage abhalten, dürfte es darum Streit geben. Auch der EU-Finanzexperte Sven Giegold kündigte an, gegen die Parteiführung für ein Nein zum Fiskalpakt zu werben.