Gauck verzögert Unterschrift

JUSTIZ Verfassungsgericht will Klage prüfen

■ Im Kampf gegen die Schuldenkrise haben 25 von 27 EU-Staaten im März den Pakt mit strengeren Haushaltsregeln unterzeichnet. Schärfere Vorgaben über eine Änderung der EU-Verträge scheiterten, da Großbritannien und Tschechien nicht mitziehen.

■ Der Fiskalpakt verpflichtet die Unterzeichner zu ausgeglicheneren Haushalten. Ferner sollen die Staaten nationale Schuldenbremsen einführen und in ihrem Recht verankern – kontrolliert vom Europäischen Gerichtshof EuGH. Sofern ihn bis dahin 12 Euroländer ratifiziert haben, tritt der Pakt spätestens Anfang 2013 in Kraft und wird binnen fünf Jahren in europäisches Recht überführt.

■ Der Fiskalpakt wird mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) verknüpft. ESM-Hilfen erhalten nur die Länder, die auch den neuen Pakt unterzeichnet haben. (dpa)

BERLIN taz | Das Bundesverfassungsgericht hat Bundespräsident Joachim Gauck um Aufschub bei der Unterzeichnung des Gesetzes zum Fiskalpakt und Europäischen Stabilisierungsmechanismus gebeten. Gauck kündigte an, mit der Unterzeichnung abzuwarten. Grund ist eine angekündigte Klage der Linkspartei. „Ich freue mich“, sagte Wolfgang Neskovic, rechtspolitischer Sprecher der Linken, dazu.

Die Verschiebung um zwei bis drei Wochen sei nötig, so eine Gerichtssprecherin, um einen von der Linken angekündigten Antrag auf einstweilige Anordnung gegen das Vertragswerk prüfen zu können. Damit erscheint nun fraglich, ob die Gesetze, die kommenden Donnerstag beschlossen werden sollen, wie geplant am 1. Juli in Kraft treten.

Die Linke-Fraktion liege „in den letzten Zügen“ der Klagevorbereitung, sagt Neskovic der taz. „Der extreme Zeitdruck, mit dem das Verfahren durchgepeitscht wird, ist im Hinblick auf die parlamentarischen Beteiligungsrechte unzumutbar.“ Auch sein Parteichef Bernd Riexinger kritisierte den seiner Meinung nach auf Kante genähten Zeitplan: „Die Kanzlerrunden waren ein beispielloses Geschacher mit Verfassungsgrundsätzen“, sagt Riexinger der taz. Er forderte eine europäische Schuldenkonferenz, um über alternative Wege aus der Krise zu beraten.

Nicht amüsiert zeigte sich der Bundesfinanzminister. „Ich glaube nicht, dass es klug ist, wenn die Verfassungsorgane öffentlich miteinander kommunizieren“, rügte Wolfgang Schäuble (CDU) die Karlsruher Richter. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, beeilte sich, die Verantwortung bei der Kanzlerin zu verorten. Die Regierung habe die Ratifizierung des ESM zu spät in Angriff genommen. ANJA MAIER