Geldgeile „La Maestra“

Nun sitzt „La Maestra“ im Frauengefängnis von Mexiko-Stadt. „Die Lehrerin“, wie sie alle nennen, soll ihr ausschweifendes Leben mit Geldern aus der Gewerkschaftskasse finanziert haben. Diese neueste Nachricht über die Gewerkschaftschefin Elba Esther Gordillo dürfte in Mexiko kaum jemand verwundert haben. Die 68-Jährige ist für ihre Exzesse bekannt: Schönheitsoperationen, teure Einkäufe, ein Privatflugzeug. Bis heute weiß niemand genau, wie viele Immobilien und Grundstücke sie, ihre diversen Lebenspartner sowie ihre Töchter, Nichten und Neffen besitzen.

Jetzt hat es endlich mal einer in deutliche Worte gefasst, Zahlen genannt und in einen Haftbefehl geschrieben: Die Vorsitzende der einflussreichen mexikanischen Lehrergewerkschaft SNTE soll von 2008 bis 2012 über 120 Millionen Euro aus den Kassen der SNTE hinterzogen haben. Das Geld sei auf Privatkonten in der Schweiz und in Liechtenstein geflossen, informierte die Generalstaatsanwaltschaft am Dienstag. Am selben Tag wurde „La Maestra“ auf dem Internationalen Flughafen von Toluca westlich der Hauptstadt festgenommen.

Gordillo, geboren in Comitán im Bundesstaat Chiapas, hat sich im Apparat hochgearbeitet. Heute ist sie eine der einflussreichsten Frauen Mexikos. 35 Jahre war sie hohe Funktionärin der Partei der Institutionalisierten Revolution (PRI). Seit 1989 sitzt sie der 1,5 Millionen Mitglieder starken und in die korrupten Strukturen staatlicher Behörden eingebundenen SNTE vor.

Gegen Lehrerinnen und Lehrer, die ihre Gewerkschaft intern kritisieren, geht „La Maestra“ aggressiv vor. Um ihre Macht zu erhalten, stemmt sie sich gegen eine Reform im Bildungswesen. Dass Präsident Enrique Peña Nieto (PRI) ausgerechnet am Montag eine solche Reform angekündigt hat, dürfte „La Maestra“ als Bedrohung ihrer uneingeschränkten Macht verstehen.

Mit ihren Exparteifreunden von der PRI ist nicht zu scherzen, das weiß kaum jemand besser als sie selbst. 2005 verließ die damalige Generalsekretärin die PRI, nachdem sie im parteiinternen Kampf um die Präsidentschaftskandidatur verloren hatte. Sie schloss sich der Partei der Neuen Allianz (Panal) an. Heute hat sie dort alle Fäden in der Hand.

WOLF-DIETER VOGEL