Wachschutz im Visier

ASYLHEIME Nordrhein-Westfalen will das Sicherheitspersonal von Asylheimen von Polizei und Verfassungsschutz überprüfen lassen

„Wir werden die Vorwürfe umfassend aufklären“

NRW-INNENMINISTER RALF JÄGER

AUS DÜSSELDORF ANJA KRÜGER

In Nordrhein-Westfalen kontrolliert ab sofort eine zehnköpfige Taskforce, ob in den Flüchtlingswohnheimen des Landes alle Vorschriften eingehalten werden. Außerdem hat das Land die Auswahlkriterien für Sicherheitsleute verschärft, die in den Einrichtungen tätig sind. „Wir werden alles dafür tun, dass sich Übergriffe, wie sie jetzt bekannt geworden sind, nach Möglichkeit nie wiederholen“, sagte Landesinnenminister Ralf Jäger (SPD) am Dienstag in Düsseldorf.

Jäger steht wegen der am Wochenende bekannt gewordenen Demütigungen Asylsuchender in Aufnahmeeinrichtungen des Landes unter Druck, für die er sich entschuldigt hat. In NRW gibt es mittlerweile 20 Erstaufnahmeeinrichtungen, die von vier Wohlfahrtsorganisationen und dem profitorientierten Unternehmen European Homecare (EHC) betrieben werden. In zwei von EHC und einem vom Deutschen Roten Kreuz betriebenen Heimen sollen Sicherheitsleute Bewohner misshandelt und gedemütigt haben.

„Wir werden die Vorwürfe umfassend aufklären und jedem Verdacht nachgehen“, kündigte Jäger an. Er hat das Landeskriminalamt beauftragt, in allen Einrichtungen des Landes zu ermitteln. Auch ein fremdenfeindlicher Hintergrund der Übergriffe wird überprüft.

„Niemand wird mehr eine Flüchtlingsunterkunft in Nordrhein-Westfalen betreten, der nicht sicherheitsüberprüft ist“, sagte er. Die für die Aufsicht der Flüchtlingsunterkünfte zuständige Bezirksregierung Arnsberg verlangt künftig von den Betreibern, dass die von ihnen beauftragten Sicherheitsfirmen keine Subunternehmen einschalten. „Künftig wird in unseren Landesunterkünften nur noch Sicherheitspersonal beschäftigt, das auf freiwilliger Basis einer Sicherheitsüberprüfung durch Polizei und Verfassungsschutz zustimmt“, kündigte Jäger an.

Die zehn Taskforce-Mitarbeiter sollen auch kontrollieren, ob Verpflegung, Hygiene und medizinische Versorgung in den Unterkünften in Ordnung sind. Nicht nur die Übergriffe, auch die bekannt gewordenen Lebensbedingungen der Flüchtlinge haben für Entsetzen gesorgt. Die aufsichtführende Behörde sieht keinen Anlass zur Selbstkritik. „Wir haben kontrolliert, aber wir haben den Akzent auf die Neueinrichtung von Unterkünften gesetzt“, sagte der Arnsberger Regierungspräsident Gerd Bollermann (SPD). Die Behörde räumt ein, dass beim Aufbau von Flüchtlingsunterkünften festgelegte Standards unterschritten werden, etwa beim Personalschlüssel.

Oppositionsführer Armin Laschet (CDU) übte scharfe Kritik an Jäger. „Er entschuldigt sich, aber er gibt nicht zu, dass es ein Organversagen gibt“, sagte er. In anderen Ländern sei man weiter, Sachsen habe etwa seit 2010 einen Heim-TÜV, der unangekündigt Kontrollen durchführe. Es sei fraglich, ob die Bezirksregierung Arnsberg allein nicht mit der Aufsicht für alle Flüchtlingsunterkünfte überfordert sei.

Laschets Parteifreund Bundesinnenminister Lothar de Maizière dagegen sprach der NRW-Landesregierung das Vertrauen aus. Er sei überzeugt, NRW werde „die bestürzenden und bedrückenden Vorfälle restlos aufklären“ und Mängel unverzüglich abstellen, sagte er in München. Der Minister geht davon aus, dass die anderen Länder nach den Vorfällen die Lage prüfen.