Sudans Präsident provoziert Rebellen: Neue Kriegsdrohung

Sudans Präsident ruft zur Reaktivierung islamistischer Bürgerkriegsmilizen auf. Die Rebellen in Darfur und im Südsudan sind alarmiert und sprechen von Kriegserklärung.

Rebellengruppen sehen in der Rede des Präsidenten Omar el-Beshir eine Drohung. Bild: reuters

BERLIN taz Der seit knapp drei Jahren unter der Führung von Rebellen autonome Südsudan bereitet sich auf ein Scheitern des Friedensprozesses und einen erneuten Krieg mit Sudans Zentralregierung vor. Salva Kiir, Führer der im Südsudan regierenden Rebellenbewegung SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee), kehrte gestern mit einer Warnung vor neuen Kämpfen von einem Besuch bei US-Präsident George Bush in die südsudanesische Hauptstadt Juba zurück und beriet sogleich ein Krisentreffen seiner Führung ein. Zuvor hatte Sudans Präsident Omar el-Beshir in einer Rede eine neue Mobilisierung islamistischer Milizen angekündigt.

Trommelschläge traditioneller südsudanesischer Krieger hießen Salva Kiir am Flughafen von Juba willkommen, während der SPLA-Führer einen Militärlastwagen bestieg, um in die Stadt zu fahren und vor Anhängern zu sprechen. SPLA-Generalsekretär Pagan Amum sagte, im Südsudan habe eine erneute Mobilmachung begonnen.

Sudans Präsident el-Beshir hatte am Samstag eine Rede vor Führern der einstigen islamistischen Miliz PDF (Popular Defence Force) gehalten, die während des 2005 beendeten Krieges im Südsudan die größte Streitkraft der Zentralregierung gegen die SPLA gewesen war und damals oft mit islamistischen Parolen in den Kampf zog. Beshir rief die PDF auf, "Trainingslager zu öffnen und Mudschaheddin zu versammeln - nicht für Krieg, sondern für alles".

Die PDF hätte offiziell seit Ende des Südsudankrieges aufgelöst werden müssen, existiert aber faktisch weiter und ist auch schon im westsudanesischen Darfur als Regierungsmiliz eingesetzt worden. Früher jedoch stammten viele ihre Kämpfer selbst aus Darfur und sind seit dem Ende ihres Einsatzes im Südsudan zu den Darfur-Rebellen gestoßen.

Die Darfur-Rebellen reagierten auf Beshirs Rede scharf. Rebellenführer Abdelwahid al-Nur sagte am Wochenende, Beshir torpediere die Darfur-Verhandlungen in Libyen, die derzeit auf 2008 vertagt sind. Die Rebellenfraktion SLM-Unity sprach von einer "Erklärung des totalen Krieges im Sudan". Sollte die Regierung PDF-Lager in Darfur öffnen, werde man sie als "legitime militärische Ziele" ansehen.

Im Südsudan wurde die Rede ebenfalls als Drohung interpretiert. Der sudanesische Präsident habe "fast" den Krieg erklärt, hieß es seitens der SPLA. SPLA-Generalsekretär Pagan erklärte, die Krise zwischen seiner Bewegung und der Zentralregierung sei an einem "kritischen Punkt" angelangt: "Entweder wir stehen am Rande einer Lösung oder am Rande einer Eskalation."

Am 11. Oktober hatte die SPLA ihre Minister aus Sudans Zentralregierung zurückgezogen, aus Protest gegen die behauptete Nichtumsetzung zentraler Teile des Südsudan-Friedensabkommens vom 9. Januar 2005 durch den Präsidenten. Mehrere Versuche einer Einigung seitdem sind gescheitert. Inoffiziell gibt sich die SPLA nun eine Frist bis zum dritten Jahrestag des Friedensabkommens am 9. Januar 2008, um den Frieden mit Sudans Regierung noch zu retten.

Ein weiteren Indiz einer innenpolitischen Verhärtung: Am Wochenende wurden 28 im Juli verhaftete Oppositionspolitiker und Militärs in Sudans Hauptstadt Khartum des Landesverrats angeklagt. Zu ihnen zählt die Führung der oppositionellen Umma-Partei, die historisch in Darfur ihre Basis hat und 1989 durch den Militärputsch des heutigen Präsidenten el-Beshir gestürzt wurde. Mehrere der Angeklagten befinden sich im Hungerstreik.

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