Irak: Neues Gesetz für Baath-Mitglieder

Iraks Parlament beschließt neue Regelungen zum Umgang mit Anhängern des Regimes von Saddam Hussein. Viele Abgeordnete boykottieren die Abstimmung.

Iraks Parlamentarier streiten über das Gesetz: Dient es der Rehabilitierung oder der Sanktion? Bild: dpa

KAIRO taz Fast fünf Jahre nach dem Sturz Saddam Husseins hat das irakische Parlament den Umgang mit dessen einstigen Parteigängern im heutigen Staatsdienst geregelt. Bei der Abstimmung am Samstag war mit 143 von 275 Abgeordneten allerdings nur gut die Hälfte des Parlaments anwesend. Viele Abgeordnete waren aus Protest ferngeblieben. Das neue "Rechenschafts- und Gerechtigkeits-Gesetz" muss nun noch vom dreiköpfigen Präsidentenrat abgesegnet werden, um rechtskräftig zu werden.

US-Präsident Bush erklärte am Samstag in Bahrain, wo er sich im Rahmen seiner Nahostreise aufhielt, das neue Gesetz sei ein "wichtiger Schritt zur Versöhnung" zwischen der marginalisierten sunnitischen Minderheit und der schiitischen Mehrheit des Landes, die zusammen mit den Kurden die politischen Institutionen des Landes dominiert. Das neue Paragrafenwerk gibt einigen früheren Baathmitgliedern die Möglichkeit zur Rehabilitierung im Staatsdienst, es beinhaltet aber auch neue Regelungen, die einige von ihnen, die heute als Beamte oder im Sicherheitsapparat arbeiten, den Job kosten könnten. Die eigentliche Entbaathifizierung geht auf ein Dekret des ehemaligen US-Besatzungsverwalters Paul Bremer vom 16. Mai 2003 zurück. Es untersagte den obersten vier Ebenen von Saddams Parteiapparat jegliche Position im Staatsdienst. Später wurde ein Entbaathifizierungskomitee geschaffen, das die einzelnen Fälle untersuchte, wodurch im Laufe der Jahre wieder zehntausende einstige Parteigänger Saddams im Staatsdienst zugelassen wurden. Die neue Regelung sieht vor, dass die obersten zwei Ränge weiterhin ausgeschlossen bleiben, der dritte Rang zwar nicht zum Staatsdienst zugelassen, aber eine Pension erhalten kann, während der vierte Rang zu seiner Arbeit zurückkehren darf.

Nach der Abstimmung entspann sich eine hoch emotionalisierte Diskussion darüber, was dieses neue Gesetz nun eigentlich genau bewirken wird. Vielen Sunniten geht das Gesetz nicht weit genug. Die sunnitischen Befürworter im Parlament sehen darin jedoch einen Schritt zur Rehabilitierung. Dass der Parlamentsblock des Schiitenpredigers Muktada al-Sadr, der zuvor am vehementesten gegen die Wiedereingliederung von Baathisten gekämpft hat, dafür gestimmt hat, zeigt, dass sich das Gesetz aber auch ganz anderes lesen lässt. Er feierten das Gesetz als Verschärfung, durch das zwar ein paar tausend ehemalige Baathisten Zugang zum Staatsapparat bekommen, dafür aber mehrere zehntausend Staatbedienstete zwangspensioniert werden können. Allein im Innenministerium sollen bis zu 7.000 Beamte ihren Job verlieren.

Für den kurdischen Abgeordneten Mahmud Osman liegt ein Problem darin, dass das Gesetz zu spät kommt, da viele der Sunniten sich inzwischen vom politischen System entfremdet hätten. "Das Gesetz wird nicht zur Versöhnung beitragen, da bei den Irakern immer noch der Geist der Rache vorherrscht", fürchtet Izzat Schbander, der im Entbaathifizierungsausschuss des Parlaments sitzt. Fraglich bleibt auch, wie viele der ehemaligen Baathisten die Offerte annehmen werden. So mancher sorgt sich, bei der Rückkehr zur Arbeit der Rache schiitischer Milizen zum Opfer zu fallen.

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