Angeklagte erwarten die Todesstrafe

In Guantánamo hat der erste Prozess gegen mutmaßliche Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 begonnen. Die Angeklagten, die in geheimer CIA-Haft gefoltert wurden, lehnen US-Verteidiger ab und proklamieren den Märtyrertod

VON ADRIENNE WOLTERSDORF

Knapp sieben Jahre nach den Terroranschlägen in New York und Washington hat am Donnerstag in Guantánamo der Militärprozess gegen die mutmaßlichen Drahtzieher begonnen. Die fünf Angeklagten, unter ihnen der Hauptverdächtige Chalid Scheich Mohammed, verzichteten gleich zu Prozessbeginn auf Verteidiger. Aus religiösen Gründen werden die Männer keine US-amerikanischen Anwälte akzeptieren, erklärte Mohammed, für sie gelte nur islamisches Recht.

Die Gefangenen waren gleich zu Beginn der Anklageverlesung darauf hingewiesen worden, dass ihnen die Todesstrafe droht, sollten sie als Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 für schuldig befunden werden. Mohammed sagte, es sei sein Wunsch, den Tod durch die Hand der USA zu erhalten. „Ja, das ist es, was ich wünsche: für eine lange Zeit ein Märtyrer zu sein“, sagte er. „Ich werde, so Gott es will, das von euch bekommen.“

Das Verfahren allerdings bezeichnete Chalid Scheich Mohammed als Inquisition. „Nachdem sie uns gefoltert haben, haben sie uns ins Inquisitionsland in Guantánamo gebracht“, sagte er. Es wird erwartet, dass in dem Prozess Details über die Verhörmethoden des Geheimdienstes CIA bekannt werden. Die US-Regierung hat bereits eingeräumt, dass bei Mohammed das international als Folter geltende „Waterboarding“ angewandt wurde, bei dem das Ertränken des Verhörten simuliert wird, sodass er Todesangst erleidet. Die Anwälte kündigten an, sie würden jede Aussage anfechten, die unter Zwang erfolgt sei.

Auch das einzige Mitglied der Hamburger Zelle um den Flugzeugattentäter Mohammed Atta, Ramsi Binalschib, forderte für sich die Todesstrafe. „Ich warte seit fünf Jahren darauf, ein Märtyrer zu werden“, sagte Binalschib bei der Anhörung. „Ich bin nicht schuldig, sondern werde für die Sache Gottes sterben.“ Binalschib, 36, der aus Jemen stammt, sagte aus, er habe an den Terroranschlägen zwar teilnehmen wollen, aber kein US-Visum bekommen. Binalschib soll der Cheflogistiker der Attentäter vom 11. September gewesen sein. Er wurde 2002 im pakistanischen Karachi gefasst.

Ein weiterer Angeklagter, Walid Bin Attasch, fragte den Richter, ob die Angeklagten nach der Hinrichtung in Guantánamo beerdigt würden oder ihre Leichen in ihre Heimatländer übergeführt würden. Richter Ralph Kohlmann, ein Oberst der Marineinfanterie, lehnte eine Beantwortung der Frage ab.

Unklar ist, ob das Militärtribunal selbst einer rechtlichen Prüfung standhält. Der Oberste Gerichtshof der USA hatte 2006 ein ähnliches System als verfassungswidrig gestoppt. Noch in diesem Monat entscheidet der gleiche Gerichtshof über die Rechte der Guantánamo-Häftlinge, was das Verfahren verzögern könnte.

Der eigentliche Prozess, bei dem die Anklage 169 Punkte vortragen will, läuft vermutlich erst im September an, hieß es.