Proeuropäische Koalition in Serbien: Milosevic` Erben an der Macht

Die Sozialisten haben sich mit der Demokratischen Partei auf eine proeuropäische Linie geeinigt. Vor acht Jahren waren die für die Sozialisten noch "Vaterlandsverräter".

Einfühlen in die neue Rolle: Serbiens Präsident und Chef der Demokraten Boris Tadic (l.) und Ivica Dacic von den Sozialisten. Bild: ap

BELGRAD taz Lächelnd schüttelt Serbiens Präsident, Boris Tadic, seinen neuen Koalitionspartnern die Hand. Ivica Dacic, Chef der "Sozialistischen Partei Serbiens" (SPS), und die Führer der Rentnerpartei und des "Einheitlichen Serbien", Jovan Krkobabic und Dragan Markovic, wirken hingegen sehr ernst. Am vergangenen Samstag hatte dieses Bündnis die Regierungsverhandlungen mit dem nationalistisch-konservativen Parteienblock abgebrochen. Schon am Montag teilte die SPS mit, sich mit Tadic "Demokratischer Partei" (DS) auf eine proeuropäische Regierung geeinigt zu haben. In den Parteiräumen der DS in Belgrad scheint es den drei serbischen Königsmachern aber doch nicht ganz geheuer zu sein. Als Pressesprecher der SPS unter Milosevic hatte Dacic vor acht Jahren die Zentrale der DS als Nest von Vaterlandsverrätern bezeichnet, die im Auftrag des Westens Serbien zerstückeln wollten. Auch die anderen zwei Überläufer waren Anhänger von Milosevic.

Die um die SPS versammelte Koalition erhielt bei den Parlamentswahlen am 11. Mai knapp acht Prozent und konnte entscheiden, ob Serbien eine anti- oder proeuropäische Regierung bekommt. Ihre "natürlichen" Verbündeten, die nationalistische Radikale Partei (SRS) und die national-konservative "Demokratische Partei Serbiens" (DSS) beschuldigen die SPS, ihre Wähler verraten und sich mit der Unabhängigkeit des Kosovo wegen der EU-Perspektive Serbiens abgefunden zu haben. SRS und DSS hatten die Fortsetzung der EU-Integration davon abhängig gemacht, dass Brüssel das Kosovo als Bestandteil Serbiens anerkennt. Zudem wollten sie das Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen mit der EU im Parlament für nichtig erklären.

Der Preis, den Tadic der SPS zahlen muss, ist noch unbekannt. Die SPS bekommt das Amt des Parlamentspräsidenten, wahrscheinlich auch das Innenministerium. Über zwei Grundprinzipien der Regierung haben sich DS und SPS geeinigt: Die EU-Mitgliedschaft Serbiens und die Erhaltung der territorialen Integrität Serbiens samt Kosovo.

Acht Jahre nach dem Volksaufstand gegen Milosevic sind seine politischen Erben wieder an der Macht. Dies sei der Beweis, erklärte Dacic, dass die SPS in den 90er-Jahren nichts Unrechtes getan habe. Tadic rief zu einer nationalen Versöhnung auf. Man sollte in die europäische Zukunft blicken und die Vergangenheit begraben.

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