Libyenaffäre: Auge um Auge, Zahn um Zahn, Visa um Visa

EINREISEVERBOTE Weil die Schweiz dem Gaddafi-Clan die Einreise verweigert, schlägt der knallhart zurück

TRIPOLIS/BERLIN rtr/taz | Es sieht wieder einmal nach einer deftigen Retourkutsche des herrschenden Gaddafi-Clans in Libyen aus. Bürger der Europäischen Union (EU) können derzeit nicht nach Libyen einreisen. Wie die Nachrichtenagentur Reuters am Montag auf dem Flughafen Tripolis erfuhr, verweigert das nordafrikanische Land EU-Bürgern mit Ausnahme der Briten derzeit die Erteilung von Einreisevisa. „Es stimmt. Diese Entscheidung ist gefallen. Keine Visa für Europa, außer Großbritannien“, sagte ein auf Anonymität Wert legender Vertreter des Flughafens auf eine entsprechende Nachfrage von Reuters. Da auch die Schweiz zum Schengen-Raum gehört, in dem unkontrolliertes Passieren der Grenze möglich ist, dürften auch Schweizer Bürger von dem Einreiseverbot betroffen sein. Großbritannien gehört dem Schengen-Raum nicht an.

Die libysche Maßnahme kann in diesem Fall nur als Reaktion auf einen Pressebericht vom Sonntag verstanden werden, laut dem die Schweiz 188 hochrangigen libyschen Staatsbürgern die Einreise in die Alpenrepublik verweigert. Auf ihrer Internetseite schrieb die libysche Zeitung Oea, die dem Gaddafi-Sohn Seif al-Islam nahestehen soll, dass der gesamten Herrscherfamilie sowie Mitgliedern des Volkskongresses, Militär-, Wirtschafts- und Geheimdienstvertretern für die Schweiz keine Einreisegenehmigung mehr erteilt werde. Das Berner Außenamt wollte sich zu dem Bericht nicht äußern.

Gemäß der Zeitung Oea soll es sich bei dieser Anordnung um eine Folge der Affäre um die Verhaftung des Gaddafi-Sohnes Hannibal in der Schweiz handeln. Hannibal und seine Gattin waren im Sommer 2008 in Genf vorübergehend festgenommen worden, weil sie mehrere Hausangestellte misshandelt haben sollen. Gegen eine Kaution von 500.000 Franken waren Hannibal und seine Frau wieder auf freien Fuß gesetzt worden und umgehend ausgereist. Als offensichtliche Repressalie hinderte Tripolis die Schweizer Max Göldi und Rachid Hamdani anschließend an der Ausreise aus Libyen. Zudem wurden beide mit Gerichtsverfahren wegen illegalen Aufenthalts und verbotener wirtschaftlicher Tätigkeit belangt.

Erst im Januar war Hamdani in beiden Verfahren freigesprochen worden. Göldi wurde in einem Revisionsverfahren in der vergangenen Woche wegen illegalen Aufenthalts zu vier Monaten Haft verurteilt. Beide Schweizer befinden sich zurzeit noch in der schweizerischen Botschaft in Tripoli. GB