Türkischer Ministerpräsident in Athen: Weniger Geld fürs Militär

Bei einem Besuch in Griechenland schlägt der türkische Ministerpräsident Erdogan Abrüstung und Annäherung vor - die Haushaltskrise macht es möglich.

Griechenlands Premier George Papandreou (li) im Gespräch mit Tayyip Erdogan. Bild: reuters

Griechenland und die Türkei wollen ihre Beziehungen auf eine neue, freundschaftliche Basis stellen. Mit großem Gefolge ist der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan gestern das erste Mal in seiner achtjährigen Amtszeit zu einem zweitägigen Besuch nach Athen gereist und wurde dort von seinem strahlenden Kollegen Giorgos Papandreou in Empfang genommen. Der schon im Voraus als historisch apostrophierte Besuch soll die seit knapp zehn Jahren andauernde vorsichtige Annäherung der beiden Länder nun entscheidend voranbringen.

Der Zeitpunkt dafür scheint gut gewählt. Erdogan und Papandreou sind beide entschlossen, das bislang immer noch vorherrschende Misstrauen zu überwinden und ganz pragmatisch aufeinander zuzugehen. Für die Türkei fügt sich der Besuch in Athen ein in die neue Strategie der Außenpolitik, möglichst mit allen Nachbarländern noch bestehende Probleme zu beseitigen und aufeinander zuzugehen. Während mit Syrien und dem Irak große Erfolge erzielt wurden, gleichzeitig die Aussöhnung mit Armenien aber erst einmal auf Eis liegt, soll nun der Durchbruch im Westen kommen. Gleichzeitig ist Papandreou in der derzeitigen prekären Lage Griechenlands dankbar für jedes Problem, das ihm abgenommen wird.

Deshalb sollen nun auch nicht nur die üblichen Verträge über Wirtschafts-, Tourismus- und Umweltschutzzusammenarbeit unterzeichnet werden, sondern die Chefs wollen endlich auch selbst über die Gebietsstreitigkeiten in der Ägäis reden, die das Verhältnis beider Länder so lange vergiftet haben. Am liebsten will man selbst zu einem Kompromiss kommen, andernfalls soll der Streit nun endlich vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag gebracht werden.

Bis es so weit ist, sollen die Militärs schon einmal damit aufhören, sich den Luftraum gegenseitig streitig zu machen, und damit eine praktische Entspannung einleiten.

Dazu sollen auch Abrüstungsschritte gehören. Im griechischen Fernsehen hatte Erdogan am Donnerstagabend erklärt, er unterstütze die Bemühungen Athens um eine Sanierung seiner Finanzen. Sowohl die Türkei als auch Griechenland hätten sehr große Verteidigungshaushalte. "Wir müssen diese Ausgaben reduzieren und das Geld für andere Zwecke verwenden", sagte er. Er habe eine Friedensbotschaft mit nach Athen gebracht.

Während es also in der Ägäisfrage vielleicht Fortschritte geben wird, ist der andere Dauerkonflikt Zypern erst einmal ausgeklammert. Türken und Griechen blockieren sich dort derzeit gegenseitig, und eine Lösung ist nicht in Sicht.

Damit die verfeindeten Brüder sich endlich besser kennenlernen, will sich Papandreou dafür einsetzen, dass in absehbarer Zukunft nicht nur Griechen problemlos in die Türkei reisen können, sondern auch Türken zumindest Kurztrips auf die ihrer Küste vorgelagerten Ägäisinseln machen können, ohne zuvor mühevoll ein Visum beantragen zu müssen.

Um zu garantieren, dass die verschiedenen Vorhaben nicht als bloße Absichtserklärungen stecken bleiben, soll ein griechisch-türkischer Hoher Kooperationsrat gebildet werden, der regelmäßige Ministertreffen vorsieht und mindestens einmal im Jahr auch die Ministerpräsidenten zusammenführen soll. Gestern Abend fand denn auch schon einmal eine erste gemeinsame Kabinettssitzung statt, denn Erdogan hat gleich zehn Minister nach Athen mitgenommen.

Selten war die Situation so günstig, im türkisch-griechischen Verhältnis einen wirklichen Durchbruch zu erzielen.

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