EU-Gesundheitsminister für mehr Patientenfreiheit

MEDIZIN Krankenkassen sollen künftig Behandlungen in anderen EU-Ländern zahlen wie im Inland

Arztbesuch immer, Krankenhaus nur mit Genehmigung

BRÜSSEL/LUXEMBURG afp/dpa |Nach langem Tauziehen haben sich die Gesundheitsminister der Europäischen Union auf vereinfachte Regelungen für Arztbesuche im EU-Ausland verständigt. Sie einigten sich am Dienstag in Luxemburg auf einen Gesetzentwurf, der Mobilität und Rechtssicherheit von Patienten in der EU deutlich stärken soll. Die Vorlage geht nun zur zweiten Lesung ins Europaparlament.

Demnach sollen Krankenkassen verpflichtet werden, ambulante Behandlungen in anderen EU-Staaten in gleicher Weise zu erstatten wie im Heimatland. Für Behandlungen im Krankenhaus, etwa Operationen, können die EU-Staaten allerdings eine Vorabgenehmigung durch den Versicherungsträger vorschreiben. Diese können die Zustimmung verweigern, wenn im Inland eine Behandlung „innerhalb angemessener Zeit“ möglich ist.

Die EU-Volksvertretung hatte bereits vor einem Jahr weiterreichende Forderungen erhoben. Unter anderem will das Parlament bei seltenen Erkrankungen wie der Stoffwechselstörung Mukoviszidose eine generelle Kostenerstattung im Ausland durchsetzen. Dagegen gibt es aber im Rat erheblichen Widerstand. Dies werde wohl kein EU-Staat akzeptieren, sagte ein Diplomat. Deutsche Kassen müssten dann „blind“ Behandlungen beispielsweise in Frankreich oder Ungarn erstatten.

Das Europaparlament hat in der Frage ein Mitentscheidungsrecht. Rat und Parlament müssen sich somit auf einen Kompromiss einigen. Die Verhandlungen darüber würden bereits nach der Sommerpause beginnen, kündigte die Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Annette Widmann-Mauz, an. Die Neuregelung werde Rechtssicherheit und damit einen „spürbaren Mehrwert“ für die EU-Bürger schaffen. Vor allem die Menschen in grenznahen Regionen würden davon profitieren.

Als letzten Streitpunkt räumten die Minister die Frage der Gesundheitsversorgung deutscher oder britischer Rentner in Spanien aus dem Weg. Die Spanier hätten mit dem Kompromiss genügend Rechtssicherheit erhalten, sagten Diplomaten.

Grenzüberschreitende Arztbesuche in Europa stehen bereits seit gut einem Jahrzehnt auf der europäischen Agenda. 2008 legte die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag vor. Während sich das Europaparlament bereits in erster Lesung geeinigt hat, war das Dossier unter den Mitgliedstaaten umstritten.