Menschenrechtsverletzungen in Libyen: Amnesty geißelt Gaddafis Lager

Viele Flüchtlinge landen in Abschiebeknästen, die keinerlei Kontrolle unterstehen. So lautet ein Fazit des jüngsten Berichts der Menschenrechtsorganisation

Von Folter bedroht: Afrikanische Flüchtlinge auf den Weg in den Hafen von Tripoli. Bild: ap

Wer im libyschen Internierungslager Garabule landet, kann alle Hoffnung fahren lassen. 40 bis 50 Häftlinge leben in einer Zelle mit einer einzigen Toilette. Wasser gibt es sporadisch, Hofgang einmal pro Woche. Manche Insassen, ohne Angaben von Gründen hierhergebracht, verbringen mehrere Monate unter diesen Umständen. Medizinische Versorgung gibt es nicht. Garabule, rund 40 Kilometer von Libyens Hauptstadt Tripoli entfernt, ist eines von mehreren Lagern, in denen die libyschen Behörden abzuschiebende afrikanische Flüchtlinge einsperren.

Die Bedingungen in Libyens Wüstenlagern sind eines der erschreckendsten Kapitel in einem gestern veröffentlichten Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International über den Staat al-Gaddafis. "Menschenrechtsverletzungen gehören in Libyen weiter zum Alltag", so Amnesty. "Repressive Gesetze verbieten jede Form unabhängigen Denkens", der Inlandsgeheimdienst unterhalte mehrere Geheimgefängnisse ohne jegliche Kontrolle. Und Libyen gehe besonders brutal gegen afrikanische Flüchtlinge vor, die beim Versuch der Ausreise über Libyen Richtung Europa festgenommen und in Abschiebehaft genommen werden.

Die meisten Insassen von Garabule und anderer libyscher Lager stammen aus Eritrea - der einzige Staat Afrikas, der es mit Libyen in Sachen allumfassender politischer Repression gewohnheitsmäßig aufnimmt. Eritrea gewährt seinen Bürgern keine Reisefreiheit und verpflichtet sie zu wiederholtem Militärdienst, was zu immer neuen Fluchtbewegungen führt. Aus dem Amnesty-Bericht geht hervor, dass die Behörden Eritreas und Libyens bei der Flüchtlingsabwehr zusammenarbeiten. Vertreter Eritreas besuchen als Einzige aus dem Ausland regelmäßig die Lager. Einzig zum Lager Misratah erhielt Amnesty Zugang, ebenso wie zuvor das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. In Garabule verteilte Eritreas Botschaft zu Jahresbeginn Formulare unbekannten Inhalts an die Flüchtlinge. Wer sich weigerte, zu unterschreiben, wurde von den Libyern mit Stromstößen gefoltert, berichteten verlegte Häftlinge.

Die Veröffentlichung des Amnesty-Berichts erfolgt zu einem heiklen Zeitpunkt: Libyens Regierung verfügte vor wenigen Wochen die Schließung des UNHCR-Büros im Land. Sollte dieser Beschluss umgesetzt werden, wären die afrikanischen Flüchtlinge in Libyen ohne jeden Zugang zu internationalem Schutz.

Neben Eritreern sind vor allem Somalis und Sudanesen, aber auch Westafrikaner in Libyens Lagersystem gestrandet. Am 30. Mai wurden drei Häftlinge aus Libyens südlichem Nachbarland Niger wegen "Diebstahls" hingerichtet, woraufhin es empörte Proteste aus Niger gab. Die libysche Regierung kündigte daraufhin die Aussetzung 22 weiterer Todesurteile gegen Nigrer an. Ob noch andere afrikanische Ausländer in Libyens Gefängnissen auf die Hinrichtung warten, ist nicht bekannt.

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