Afghanische Markthändlerinnen: Ohne Burka geht nicht

Kabuls Straßenhändlerinnen haben es schwer. Sie werden belästigt und vom Basar vertrieben, wie Fahimas Beispiel zeigt. Doch die Zahl der Händlerinnen nimmt zu.

Viele Jahre verkauft Fahima bereits auf dem Markt. Sich durchzusetzen gegenüber Männern gehört auch zum Job. Bild: agnes tandler

KABUL taz | Sie hat schon hier gesessen, als die Taliban regierten. Fahima beugt sich über ihre Ware: ein Bündel Altkleider, das aussieht, als sei es achtlos auf die Straße geworfen worden. Über ihrem Platz ist ein roter Regenschirm aufgespannt, der sie ein wenig vor der Sonne schützen soll.

Fahima ist um die 40 Jahre alt. Sie hat neun Kinder. Den Platz hat sie sich lange und hart erkämpft. "Die Polizei will mich weghaben", klagt sie. "Wegen der Sicherheit." Fahima versteht schon, warum. Je voller und wuseliger Kabuls beliebter Markt an der Pul-i-Chischti-Moschee wird, desto größer ist die Gefahr von Bombenanschlägen. "Aber ich muss egoistisch sein", erklärt Fahima. "Alles, was ich kann, ist Verkaufen." Ihr Angebot ist nicht besonders einladend. Viel Wert hat nichts von dem, was vor ihr in der prallen Sonne liegt: ein honiggelbes Kindersamtkleid, zerschlissene Tücher, lange dunkle Röcke, ein paar abgetragene und ausgebesserte Burkas.

Auf dem Basar im Zentrum Kabuls herrscht reges Treiben: Berge von Gemüse und Obst warten auf Käufer, ein Saftstand bietet orangerote Limonade in Gläsern an, auf einem Tischchen steht eine Schüssel mit ordentlich arrangierten gekochten Schafköpfen; Geldwechsler mit Bündeln von Afghani- und Dollar-Scheinen in der Hand warten auf Kundschaft. Mühsam quälen sich Autos, Motorräder und Laster durch das Gedränge und wirbeln feinen gelben Staub auf. Direkt am Straßenrand an einer Ecke verkaufen drei Frauen Kleider.

"Ohne Burka", sagt Fahima, "geht es nicht." Auch die beiden Frauen neben ihr sind von Kopf bis Fuß in den blauen Stoff gehüllt. Trotzdem schützt die Vollverschleierung nicht vor Belästigungen. Denn dass Frauen sich so direkt in der Öffentlichkeit zeigen, ist in Afghanistan nicht selbstverständlich. Doch die Frauen und die zwei kleinen Mädchen, die ihnen am Stand helfen, lassen sich den Schneid nicht abkaufen. "Verzieht euch hier. Hier gibt es nichts zu sehen", fährt die Ältere mit heller, klarer Haut die Menge von Männern an, die zum Gaffen gekommen ist.

Fahima ist seit 15 oder 16 Jahren vor Ort, so genau weiß sie es nicht. Die Burka verdeckt fast alles von ihr. Nur ihre Hände sind zu sehen, geben ihr ein Gesicht und erzählen etwas von ihrer Geschichte: Es sind harte Hände, abgearbeitet und schwielig. Ihre kurzen, kräftigen Fingernägel sind mit Henna rot gefärbt, doch die Farbe ist schon zur Hälfte ausgewachsen. "Ich muss mich gegen alle durchsetzen", sagt sie. "Du musst wie ein Mann sein."

Frauen, die neu auf dem Markt anfangen, hätten es schwerer als sie, erzählt Fahima. Die Zahl der Verkäuferinnen habe in den letzten Jahren zugenommen. Das bestätigen auch andere. Früher habe es vielleicht ein, zwei Frauen gegeben, nun gebe es dutzende, sagt ein Ladenbesitzer im Basar.

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