Pakistan-Fluten laut UN schlimmer als der Tsunami

KATASTROPHE Mittlerweile 14 Millionen Menschen vom Monsun betroffen. Lage immer verzweifelter

„Zelte, Plastikplanen und Haushaltsgeräte fehlen am meisten“

MARTIN MOGWANJA, UN-KOORDINATOR

ISLAMABAD afp | Die Einschätzung der Flutkatastrophe in Pakistan durch die Vereinten Nationen wird immer dramatischer. „Dieses Desaster ist schlimmer als der Tsunami, das Erdbeben in Pakistan von 2005 und das Erdbeben in Haiti“, sagte ein Sprecher des UN-Büros für die Koordination humanitärer Angelegenheiten (OCHA) am Montag. In der indischen Himalajaregion Ladakh, wo viele Urlauber unterwegs sind, stieg die Zahl der Hochwasseropfer auf 150.

„Bislang sind 13,8 Millionen Menschen von den Überschwemmungen in Pakistan betroffen“, sagte OCHA-Sprecher Maurizio Giuliano der Nachrichtenagentur AFP in Islamabad. Dies übertreffe vorangegangene Naturkatastrophen. „Vom Erdbeben in Pakistan 2005 waren 3 Millionen Menschen betroffen, vom Tsunami 5 Millionen und vom Erdbeben in Haiti 3 Millionen“, sagte Giuliano zur Erläuterung. Durch den Tsunami kamen im Dezember 2004 in Südasien etwa 220.000 Menschen ums Leben.

Weiterhin waren Hunderttausende in Pakistan auf der Flucht vor den Wassermassen. Am schwersten betroffen ist der Nordwesten des Landes, aber auch flussabwärts des Indus in den Provinzen Sindh und Punjab stehen ganze Landstriche unter Wasser. Der UN-Koordinator für humanitäre Hilfe in Pakistan, Martin Mogwanja, rief am Montag zu einer massiven Aufstockung der Hilfe auf. „Zelte, Plastikplanen und Haushaltsgeräte fehlen am meisten, es müssen dringend Vorräte in die betroffenen Gebiete geflogen werden.“

Die Region um das nordwestliche Swat-Tal, wo die pakistanische Armee im vergangenen Jahr eine Großoffensive gegen die radikalislamischen Taliban unternahm, war seit dem Wochenende völlig von der Außenwelt abgeschnitten. US-Militärhubschrauber, die bei den Hilfsanstrengungen eingesetzt wurden, können seit Samstag wegen der starken Regenfälle nicht mehr fliegen. Laut UN-Schätzungen waren in der Provinz Punjab bis zu 500.000 Menschen obdachlos, 560.000 Hektar landwirtschaftlicher Flächen wurden zerstört.

Seit Beginn der Katastrophe vor zwei Wochen starben mindestens 1.600 Menschen in den Fluten. Allein in der Provinz Khyber Pakhtunkhwa kamen den Behörden zufolge 1.400 Menschen ums Leben.

In der ebenfalls vom Hochwasser betroffenen indischen Himalajaregion Ladakh, wo bisher 150 Tote gezählt wurden, wurden aber noch zahlreiche unter Trümmern begrabene Opfer befürchtet. Aus dem entlegenen Zanskar-Tal, das völlig von der Außenwelt abgeschnitten war, wurden rund hundert ausländische Touristen per Hubschrauber nach Leh ausgeflogen. Rund 200 Urlauber waren nach Angaben der örtlichen Behörden weiter in verschiedenen Gebieten der Region Ladakh gestrandet.