Der Front National hat gut lachen

FRANKREICH In der ersten Runde der Departementswahlen können sich viele Kandidaten der rechtsextremen Partei behaupten. Deutlicher Denkzettel für die Regierungspartei

„Le Figaro“ spricht von einem „historischen Rückschlag“ für die bürgerliche Rechte

AUS PARIS RUDOLF BALMER

Die französischen Kantonal- oder Departementswahlen haben den prophezeiten Vormarsch des rechtspopulistischen Front National (FN) bestätigt. Im ersten Wahlgang konnten sich viele FN-Kandidaten nicht nur für die Stichwahl am kommenden Sonntag qualifizieren, sondern sie liegen sogar in Führung. So erhielt FN-Generalsekretär Steeve Briois in seiner nordfranzösischen Hochburg Hénin-Beaumont 36 Prozent der Stimmen und kann hoffen, am kommenden Sonntag den ersten Generalratssitz in einer Departementsversammlung zu erkämpfen. Auch in Wahlkreisen von Perpignan, Reims und Metz liegen die FN-Kandidaten nach einer ersten Runde, bei der keine Liste die absolute Mehrheit erreichte, an der Spitze.

Diese Stimmengewinne des FN gingen vor allem auf Kosten der Regierungspartei UMP. Nach Ansicht der französischen Presse hat die Regierungspartei 13 Monate vor den Präsidentschaftswahlen im Frühjahr 2012 eine empfindliche Niederlage eingesteckt. Die Wirtschaftszeitung La Tribune sieht darin eine „strenge Ermahnung für die Partei von Nicolas Sarkozy“. Die sehr regierungsfreundliche Pariser Zeitung Le Figaro spricht von einem „historischen Rückschlag“ für die bürgerliche Rechte. Bei der UMP dagegen ist man der Meinung, dass diese Departementswahlen, die vom Wähler traditionell benutzt werden, um der Pariser Regierungspartei aus der Provinz einen Denkzettel zu verpassen, letztlich glimpflich verlaufen seien.

UMP-Chef Jean-François Copé kündigte folglich an, seine Partei werde weder eine Allianz mit der extremen Rechte eingehen noch eine „republikanische Front“ mit der Linken gegen FN-Kandidaten schließen. Mit diesem Weder-noch, das keinen Unterschied zwischen FN und der demokratischen Linken macht, trage die UMP weiter zu einer „Banalisierung“ der von Marine Le Pen angeführten rechtsextremen Partei bei, kritisieren die Sozialisten. Sie erinnern daran, dass die Linke bei den Präsidentschaftswahlen 2002 praktisch geschlossen für die Wiederwahl des Gaullisten Jacques Chirac gestimmt hatte, als dieser Jean-Marie Le Pen gegenüberstand.

Die Linke, die bisher in 58 von 100 Departementen den „Generalrat“ regiert, dürfte am kommenden Sonntag einige Departements hinzugewinnen. Zusammen haben Sozialisten, Linksfront (Kommunisten und Linkspartei), die Umweltliste Europe-Ecologie-Les Verts und diverse Linke laut den Ergebnissen vom Sonntag einen Stimmenanteil von knapp 50 Prozent, die UMP hat 17, der FN 15,2 und „diverse Rechte“ haben 15 Prozent. Mit einer Stimmenthaltungsrate von 55,5 Prozent war die Beteiligung so gering wie noch nie. Das wird ebenso wie das Erstarken des Front National als Zeichen wachsender Unzufriedenheit oder Verdrossenheit gewertet.