Rebellen fühlen sich vom Westen alleingelassen

LIBYEN Die Führung in Tripolis wirft der Nato vor, bei einem Angriff sieben Zivilisten getötet zu haben

TRIPOLIS/BENGASI rtr | Die Nato sieht sich in Libyen mit schwerer Kritik beider Seiten konfrontiert. Die Rebellen warfen den westlichen Verbündeten am Wochenende mangelnde Unterstützung im Kampf gegen Machthaber Muammar Gaddafi vor. Zugleich erklärte die libysche Führung, das Militärbündnis habe bei einem neuerlichen Luftangriff auf die Hauptstadt Tripolis am Sonntag sieben Zivilisten getötet, darunter mindestens ein Kind. Die Nato äußerte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen.

„Alles geht zur Neige“, sagte Ali Tarhuni, der bei den Aufständischen für Finanzen und Öl zuständig ist, in einem Interview mit Reuters. Die westlichen Länder begriffen dies entweder nicht oder es sei ihnen egal. Mit Blick auf versprochene Zahlungen aus den eingefrorenen Konten Gaddafis im Ausland sagte er: „Da ist bislang nichts geschehen. Und ich meine wirklich nichts.“ Er sei es leid, die Politiker aus Europa und den USA wieder und wieder auf ihre Zusagen anzusprechen. „Wir reden mit so vielen Menschen in all diesen Ländern und auf all diesen Konferenzen und sie halten großartige Reden“, sagte Tarhuni. „Politisch wissen wir das zu schätzen, aber was die Finanzen anbetrifft, sind sie ein kompletter Ausfall. Unsere Leute sterben.“

Der Militäreinsatz koste die Rebellen umgerechnet täglich geschätzte 60 Millionen Euro, sagte Tarhuni. Woher das Geld kommen soll, ist nicht klar. Das Öl in der von den Aufständischen kontrollierten Region falle als Einnahmequelle aus. „Ich rechne nicht damit, dass wir demnächst Öl produzieren. Die Raffinerien haben kein Rohöl, also laufen sie nicht“, sagte Tarhuni.

Angriff zurückgeschlagen

Seit einem Vierteljahr werden die Rebellen in ihrem Kampf gegen Gaddafi von der Nato aus der Luft unterstützt. Inzwischen kontrollieren sie das östliche Drittel Libyens, einen Großteil des westlichen Gebirges entlang der Grenze zu Tunesien sowie die Hafenstadt Misurata. Auf Gaddafis Machtbasis Tripolis haben sie jedoch nicht entscheidend vorstoßen können. Am Sonntag mussten sie bei ihrem Versuch, von Misurata aus in Richtung Hauptstadt voranzukommen, schwere Verluste hinnehmen, als sie unter Beschuss von Gaddafi-Truppen gerieten. Die Nato griff nach Angaben eines Arztes in einem Feldlazarett nicht ein. „Wir wissen nicht, was die Nato tut“, sagte er.