Aufstand in Syrien: Assad versteht nur Bahnhof

Trotz aller Beteuerungen nimmt die Gewalt gegen friedliche Demonstranten in Syrien kein Ende. In einem Interview bleibt Präsident Assad hart.

Diktatorendämmerung: Da war es nur noch einer. Bild: dapd

BERLIN taz | Das Töten und Morden in Syrien geht ungehindert weiter. Nur Stunden nach einem Fernsehauftritt des syrischen Präsidenten haben regimetreue Bewaffnete nach Aussage von Aktivisten am frühen Montagmorgen zwei Menschen in der Stadt Hama getötet. Die Shabbiha-Milizen verwüsteten auch mehrere Geschäfte. Baschar al-Assad hatte am Sonntag in einem Interview im Fernsehen gesagt, er sei nicht besorgt über die Sicherheitslage im Land.

Indirekt antwortete der syrische Präsident auch auf die Rücktrittsforderungen, die die US-Regierung und die EU in der vergangenen Woche an ihn gerichtet hatten. "Indem wir auf eine Reaktion verzichten, sagen wir ihnen, dass ihre Äußerungen wertlos sind", erklärte Assad. Angesprochen auf die Sicherheitslage im Land sagte der syrische Staatschef in dem Interview, seine Führung habe "angefangen, Erfolge zu verbuchen".

Die Lage fange an sich zu beruhigen. Aber eine Lösung könne nicht allein sicherheitspolitisch sein, betonte er. "Sie muss zwangsläufig politisch sein, aber eine politische Lösung kann es nicht geben, wenn die Sicherheit nicht gewährleistet ist."

Assad kündigte für Dezember Kommunalwahlen an. Parlamentswahlen sollten vier bis acht Monate nach der Veröffentlichung des Wahlgesetzes abgehalten werden, "auf jeden Fall spätestens im Februar", sagte er. Die Parteien sollten ausreichend Zeit haben, sich aufzustellen und Wahlkampf zu betreiben.

Unterdessen versuchen die syrischen Behörden nach Angaben aus diplomatischen Kreisen das Ausmaß ihrer Angriffe auf Zivilisten vor einer Delegation der Vereinten Nationen zu verbergen. Im palästinensischen Flüchtlingslager Ramel bei Latakia seien "Aufräumarbeiten" in Gange, sagte ein westlicher Diplomat, der ungenannt bleiben wollte, der Nachrichtenagentur dpa. Damit sollten Hinweise auf "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" vernichtet werden.

Zwölf Soldaten hingerichtet

Am Samstag war eine Delegation des UN-Teams für humanitäre Hilfe OCHA nach Syrien gereist, um sich über die humanitären Probleme zu informieren. Ein UN-Menschenrechtsteam aus Genf wartete bisher vergeblich auf eine Genehmigung zu einem Syrienbesuch. An diesem Montag berät der UN-Menschenrechtsrat auf Drängen Deutschlands und der EU auf einer Sondersitzung über die Lage in Syrien. Die Sitzung musste wegen eines defekten Mikrofonsystems um mehrere Stunden verschoben werden.

Mehrere EU-Staaten, die USA und die vier arabischen Länder Jordanien, Kuwait, Saudi-Arabien und Katar hatten die Sitzung beantragt. Dabei sollte über einen Resolutionsentwurf beraten werden, der die Gewalt gegen die Protestbewegung in Syrien verurteilt und ein sofortiges Ende der Gewalt fordert.

Am Wochenende starben mindestens acht Menschen, als syrische Truppen die Protesthochburg Homs mit Granaten und Panzern angriffen. Im Dorf Mohassan in Deir al-Zor im Nordosten Syriens sollen zwölf Soldaten hingerichtet worden sein, weil sie nicht auf Demonstranten schießen wollten.

Oppositionelle werfen den Truppen von Assad vor, "systematisch" Zivilisten anzugreifen. Dies käme einer Menschenrechtsverletzung gleich, sagte Navi Pillai, die Chefin der UN-Menschenrechtskommission. Die Organisation Human Rights Watch rief die 57 Staaten der Organisation für Islamische Zusammenarbeit auf, gegen Syrien vorzugehen, weil Damaskus mit der "brutalen Unterdrückung friedlicher Proteste" die Organisationscharta verletzte.

Nach Angaben von Oppositionellen wurden seit dem Beginn der Proteste gegen Assads Regime vor einem halben Jahr mindestens 1.860 Zivilisten und 422 Sicherheitskräfte getötet.

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