Saleh kehrt überraschend nach Sanaa zurück

JEMEN Die Rückkehr des umstrittenen Autokraten erschwert die Suche nach einem Kompromiss und weckt die Furcht vor einem Bürgerkrieg

SANAA rtr | Der umstrittene jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh ist nach dreimonatigem Aufenthalt in Saudi-Arabien am Freitag überraschend in sein Heimatland zurückgekehrt. Das schürt Ängste vor einem Bürgerkrieg. Kurz nachdem seine Ankunft im jemenitischen Fernsehen angekündigt wurde, waren Schüsse und Explosionen in der Hauptstadt Sanaa zu hören. Saleh verlangte eine Waffenruhe. „Die Lösung liegt nicht in Gewehr- und Pistolenläufen, sondern im Dialog und einem Ende des Blutvergießens“, zitierte das Verteidigungsministerium den autokratischen Machthaber.

Saleh hattte sich in Saudi-Arabien von den Folgen eines Anschlags erholt. Im Zuge des arabischen Frühlings waren im Januar auch gegen seine über 30 Jahre währende Herrschaft Proteste ausgebrochen. Seitdem ist es zu immer heftigeren Zusammenstößen zwischen seinen Gegnern und Anhängern gekommen. In den letzten fünf Tagen starben bei Kämpfen mehr als 100 Menschen. Seit Beginn der Proteste soll es mehr als 450 Tote gegeben haben. Dass Saleh jetzt zurückgekommen sei, deute darauf hin, dass er die Machtfrage mit Gewalt lösen wolle, sagte der politische Analyst und Mitbegründer der Bewegung Demokratisches Erwachen, Abdulghani al-Iryani. „Seine Leute werden denken, sie seien nun in einer stärkeren Position und werden deswegen Kompromisse ablehnen.“ Der politische Prozess sei durch die Rückkehr tot.

Die Rückkehr kam für die Opposition und Diplomaten überraschend, die Saleh zum Rückzug vom Präsidentenamt bewegen wollten. Beobachter gehen davon aus, dass Saleh mit dem Einverständnis der saudischen Regierung zurückkehrte, da diese ihre Interessen auch jenseits der knapp 1.500 Kilometer langen gemeinsamen Grenze wahren möchte. Die deutsche Bundesregierung rief Regierung und Opposition auf, sich auf eine Übergangsregierung und demokratische Wahlen zu einigen.